NSU 2.0

Maaßen wird im NSU-Untersuchungsausschuss aussagen

Der Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags zur Aufarbeitung der Mordserie des rechtsextremen NSU hat prominente Zeugen geladen.

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10
2020
Kundgebung zur Urteilsverkündung im NSU Prozess © Twitter, bearbeitet by iQ.
Kundgebung zur Urteilsverkündung im NSU Prozess © Twitter, bearbeitet by iQ.

Die früheren Verfassungsschutzpräsidenten Heinz Fromm und Hans-Georg Maaßen sollen am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags Mecklenburg-Vorpommern aussagen. Der Ausschuss versucht, die Aktivitäten des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in Mecklenburg-Vorpommern nachzuzeichnen und nimmt dabei insbesondere die Ermittlungen der Behörden kritisch unter die Lupe.

Beantragt wurde die Zeugenvernehmung der Ex-Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz von der AfD-Fraktion. Die größte Oppositionsfraktion will von den beiden unter anderem wissen, warum Akten vernichtet worden seien und warum der Verfassungsschutz in Sachen NSU so wenig auskunftsfreudig sei, sagte der Obmann der AfD im Untersuchungsausschuss, Bert Obereiner, am Montag. So gelte es aufzuklären, ob Akten zu V-Leuten in Mecklenburg-Vorpommern verloren gegangen seien.

Das Thüringer NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe soll schon Anfang der 1990er-Jahre Kontakte auch zu Neonazis in Mecklenburg-Vorpommern gehabt haben. Mundlos und Böhnhardt werden für den Mord an acht türkischen und einem griechischen Kleinunternehmer sowie einer Polizistin verantwortlich gemacht. Unter den Opfern war auch Mehmet Turgut, der im Februar 2004 in Rostock erschossen wurde.

Fromm war von 2000 bis 2012 Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Sein Nachfolger Maaßen wurden 2018 in den einstweiligen Ruhestand versetzt, nachdem er bezweifelt hatte, dass es nach der Tötung eines Deutschen in Chemnitz zu „Hetzjagden“ auf Ausländer kam. Als dritter Zeuge soll am Freitag Elmar Ruhlich gehört werden, der von 1995 bis 2001 Verfassungsschutz-Chef in Mecklenburg-Vorpommern war.

Erst 2011 war das NSU-Trio aufgeflogen. Die beiden Männer wurden tot in einem ausgebrannten Wohnmobil gefunden. Mundlos soll seinen Komplizen erschossen haben, bevor er das Wohnmobil in Brand setzte und sich selbst erschoss. Das Oberlandesgericht München verurteilte Zschäpe im Juli 2018 wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft.

Das erste Opfer des NSU: Enver Şimşek

Der Blumenhändler Enver Şimşek ist 38 Jahre alt, als am frühen Nachmittag des 9. September 2000 an einem seiner Straßenstände in Nürnberg auf ihn geschossen wird. Zahlreiche Schüsse treffen ihn, viele davon im Gesicht. Zwei Tage nach dem Angriff stirbt Şimşek in einem Krankenhaus. Mehr als zehn Jahre nach seinem Tod erst werden die Täter gefunden: Der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU) – eine neonazistische, terroristische Gruppe um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Mit der Identifizierung der Täter wird endgültig klar: Şimşek wurde getötet aus einem so schlichten wie grausamen Motiv: Ausländerhass und Islamfeindlichkeit.

Şimşek gilt als erstes Opfer der Rechtsterroristen. Mindestens neun weitere Menschen tötet die Gruppe danach noch. Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kiliç, Mehmet Turgut, Ismail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat werden aus dem gleichen niederträchtigen Motiv ermordet wie Şimşek. Außerdem erschießen die Terroristen die Polizistin Michele Kiesewetter. Auch wenn abgesehen von Kiesewetter alle Opfer einen Migrationshintergrund haben, sind sie keinesfalls stereotype Statisten, wie es die im April diesen Jahres veröffentlichte schriftliche Urteilsbegründung des Münchner Oberlandesgerichts im NSU-Prozess nach Ansicht vieler Opferfamilien nahelegt. Sie mögen aus ähnlichen Gründen von den Tätern ausgewählt worden sein; aber doch steckt hinter jedem von ihnen eine eigene, individuelle Geschichte.(dpa/iQ)

Leserkommentare

Bettina Aliya Maier von und zu sagt:
Entschuldigung, wer war noch mal Herr Maasen? Der war so schnell weg bei der AFD?
13.10.20
0:39