Ein muslimischer Oberarzt wird nicht eingebürgert, weil er der Sachbearbeiterin den Handschlag verweigerte. Daraufhin klagte er – jedoch ohne Erfolg.
Ein muslimischer Oberarzt, der sich aus religiösen Gründen weigerte, bei der Übergabe der Einbürgerungsurkunde, der zuständigen Sachbearbeiterin die Hand zu reichen, erhält nicht die deutsche Staatsbürgerschaft. Dies hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) entschieden. Wer aufgrund einer „fundamentalistischen Kultur- und Wertevorstellung“ einen Händedruck ablehne, lehne damit eine „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse ab“, so die Richter in der am Freitag in Mannheim veröffentlichten Entscheidung.
Dabei mache es keinen Unterschied, dass der Mann nun angekündigt habe, auch Männern nicht mehr die Hand zu geben. Der VGH beschrieb Handschlag und Händeschütteln als gängige nonverbale Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale, die unabhängig vom Geschlecht der Beteiligten seien und auf eine jahrhundertelange Praxis zurückgehen. Im Blick auf die Abstandsregeln in der Corona-Pandemie zeigten sich die Richter davon überzeugt, dass der Handschlag die Zeiten überdauern werde.
Der Handschlag habe auch eine rechtliche Bedeutung, indem er einen Vertragsabschluss symbolisiere. Auch könnten Personen per Handschlag auf ein öffentliches Amt verpflichtet werden. Der Handschlag habe daher im „gesellschaftlich-kulturellen und rechtlichen Leben eine das Miteinander prägende, tiefgehende Verwurzelung“. Wer ihn aus geschlechtsspezifischen Gründen verweigere, verstoße gegen die im Grundgesetz verankerte Gleichberechtigung. Zudem habe die Weigerung im konkreten Fall das Ziel, „dem Geltungsanspruch einer salafistischen Überzeugung zum Verhältnis von Mann und Frau zu einer gesellschaftlichen Wirkung zu verhelfen“, so die Richter.
Das Gericht wies damit die Klage eines 2002 nach Deutschland gekommenen, heute 40-Jährigen Libanesen ab. Er studierte in Deutschland Medizin und ist inzwischen als Oberarzt in einer Klinik tätig. Für seine 2012 beantragte Einbürgerung unterschrieb er die Bekenntnis- und Loyalitätserklärung und das Merkblatt zu Verfassungstreue und gegen Extremismus. Den Einbürgerungstest bestand er mit maximaler Punktzahl. Dennoch kam es nicht zur Verleihung der Staatsbürgerschaft, weil er sich bei der Übergabe der Einbürgerungsurkunde 2015 weigerte, der zuständigen Sachbearbeiterin die Hand zu reichen. Die Frau hielt daher die Urkunde zurück. Die Klage blieben vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erfolglos. Auch der VGH wies den Mann nun ab, ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung des Falles aber eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu. (KNA, iQ)