Moscheeangriffe

#brandeilig: „Angriffe auf Moscheen werden verharmlost“

Vor einem Jahr wurde die bundesweit erste Meldestelle für Moscheeangriffe #brandeilig ins Leben gerufen. Projektleiter Yusuf Sarı zieht eine erste Bilanz.

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10
2020
#brandeilig - Moscheeangriffe, Angriffe auf Moscheen
#brandeilig - Initiative gegen Moscheeangriffe

IslamiQ: Vor mehr als einem Jahr hat die Meldestelle #brandeilig seine Arbeit aufgenommen. Wie sieht Ihre erste Bilanz aus?

Yusuf Sarı: Wir erfassen Moscheeangriffe rückwirkend ab dem Jahr 2014 und beobachten seitdem eine kontinuierliche Steigerung bis 2019. Insgesamt haben wir bis Ende 2019 612 Angriffe auf Moscheen registriert. Neben der Dokumentation auf unserer Website haben wir detaillierte Telefoninterviews mit betroffenen Gemeinden durchgeführt. Die Ergebnisse werden wir nach und nach als Jahresberichte veröffentlichen. 

IslamiQ: Seit 2017 werden islamfeindliche Straftaten, darunter auch Moscheeangriffe, von der Bundesregierung gesondert erfasst. Warum brauchte es eine neue Meldestelle?

Sarı: Das besondere an #brandeilig ist die Nähe zu den betroffenen Gemeinden, die wir proaktiv suchen, aufbauen und pflegen. Viele Gemeinden suchen nach einfachen Möglichkeiten, ihr Anliegen vorzutragen bzw. einen Angriff schnell und unkompliziert zu melden. Wir haben noch vor dem Launch unserer Website damit begonnen, uns in den Gemeinden bekannt zu machen und unser Projekt vorzustellen. Wir haben Infoveranstaltungen und Workshops organisiert, um für das Thema zu sensibilisieren. Des Weiteren sprechen wir dabei stets auf Augenhöhe mit den Gemeinden. Insofern genießen wir in der muslimischen Gemeinschaft einen hohen Zuspruch. Dies ist sehr hilfreich bei der Kontaktaufnahme und Dokumentation von Moscheeangriffen.

Wir erhoffen uns von #brandeilig für das Thema bundesweit zu sensibilisieren und einen umfassenden Beitrag zur Erfassung von Moscheeangriffen und zu ihrem Schutz zu leisten. Hierzu haben wir noch einiges geplant.

IslamiQ: Wie viele Fälle wurden im vergangenen Jahr gemeldet? Was für Angriffe sind das?

Sarı: Für 2019 haben wir 141 Moscheeangriffe registriert. Im laufenden Jahr wurden uns 45 Angriffe gemeldet. Hierbei handelt es sich aber um vorläufige Zahlen. Bei den meisten Fälle geht es um Vandalismus. Das bedeutet, es handelt sich dabei um eine Bereitschaft der Gewaltanwendung am Gebäude oder an zugehörigen Räumlichkeiten, die hohe Kosten verursachen und die Verletzung von Menschen in Kauf nehmen. Darunter sind beispielsweise zerstörte Fenster, Türen und Schmierereien an der Außenfassade oder im Innenbereich der Moschee, oder zerrissene Korane und beschädigte Regale und Teppiche. Viele dieser Fälle haben auch einen politischen Hintergrund. Dies machen wir an bestimmten Symbolen und Parolen fest, die am Tatort hinterlassen werden, wie zum Beispiel Hakenkreuze.

IslamiQ: Auf #brandeilig haben Sie rückwirkend alle Moscheeanschläge ab 2014 dokumentiert. Wie sieht die Tendenz aus?

Sarı: Wir beobachten eine kontinuierliche Steigerung. Waren es im Jahr 2014 noch 66 Angriffe, die #brandeilig registriert hat, stieg die Anzahl 2015 auf 91 Angriffe und im Jahr 2016 auf 107. Dieser Trend setzte sich jährlich fort, so dass wir aktuell bei 141 Angriffen im Jahr 2019 liegen.

Hierbei muss betont werden, dass man von einer höheren Dunkelziffer ausgehen muss, weil wir aus Gesprächen mit Moscheegemeinden wissen, dass nicht alle Angriffe gemeldet werden. Jede Gemeinde hat dabei ihre individuellen Gründe. Manche befürchten weitere Angriffe und möchten nicht im Mittelpunkt stehen.

IslamiQ: Was empfehlen Sie Moscheen, um sich zu schützen?  

Sarı: Es ist zunächst wichtig, schon vor einem Angriff einige Maßnahmen zu ergreifen: Moscheegemeinden sollten über bestimmte Überwachungskameras verfügen, die den Hof und den Eingangsbereich, sowie Innenräume der Moschee rund um die Uhr filmen. Bei bestehenden Maßnahmen sollte die Meinung von Experten eingeholt werden, um etwaige Lücken auszubessern. So sollten Fenster und Türen jeden Abend überprüft werden. Prinzipiell sollten Angriffe auf Moscheen sofort zur Anzeige gebracht werden. Umfassende Empfehlungen werden wir demnächst veröffentlichen.

Aufgabe der Polizei ist es, einen Angriff richtig einzuordnen und die richtigen Motive zu erkennen. Bestimmte Symboliken oder Parolen, die am Tatort hinterlassen werden, sind hierbei besonders wichtig. Es kommt immer noch vor, dass die Täter im Umkreis der betroffenen Gemeinden gesucht werden, oder Angriffe verharmlost werden. Die Gemeinden wünschen sich insgesamt eine bessere Nachverfolgung der Täter und eine höhere Sensibilisierung der Beamten. Die beste Abschreckung bzw. der beste Schutz wäre, wenn die Täter öfter gefasst und verurteilt würden. Die Aufklärungsquote ist nämlich sehr gering und ruft Nachahmungstäter auf den Plan und motiviert zu weiteren Angriffen.

IslamiQ: Kürzlich wurde eine Expertenkommission Muslimfeindlichkeit einberufen.

Sarı: Das ist ein richtiger und längst überfälliger Schritt. Warnungen vor einer Eskalation hat es in der Vergangenheit seitens Experten schon oft gegeben. Auch hier wäre eine proaktive Haltung in der Bekämpfung des antimuslimischen Rassismus ein weiterer Schutzfaktor. Wir sehen hier die Behörden in der Pflicht besonders beim Thema Islamfeindlichkeit den Ernst der Lage zu akzeptieren und der Verantwortung gerecht zu werden. Weitere Relativierungen oder Abwarten und Beobachten können wir uns als Gesellschaft nicht mehr leisten.

IslamiQ: Gibt es ein Zusammenhang zwischen den politischen Debatten und Moscheeanschlägen?

Sarı: Das ist von Fall zu Fall zu untersuchen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Politisierung des muslimischen Lebens in Deutschland, die andauernde negative Berichterstattung in den Medien und somit das Bedienen von antimuslimischen Narrativen durchaus einen Beitrag dazu leisten können, die Einstellungen und Vorurteile der Menschen zu beeinflussen. Das ist Konsens in der Wissenschaft.

Wichtig hierbei ist die Sprache. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich amtierende Politiker auch außerhalb der AfD im Ton vergreifen, wenn es um Migrationsthemen und Muslime geht. Hier wünschen wir uns mehr Sensibilität und ein Umdenken bei wichtigen Akteuren.

Das Interview führte Muhammed Suiçmez.

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
In Wien wurde der größte kemalistische türkische Verein, der sich die Wahrung und Pflege der laizistischen Errungenschaften des türkischen Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk zum Ziel setzt, Opfer eines verheerenden Brandanschlags. Der Sachschaden war immens. Ob Rechtsradikale oder religiös motivierte islamische Hardliner dahinterstanden, konnte bisher nicht aufgeklärt werden. Den Printmedien war dieser Gewaltakt kaum eine Zeile wert. Die Experten der österreichischen Polizei erachten islamistischen Terror schon seit Jahren für das deutlich größte Sicherheitsrisiko, Rechtsradikalismus das zweitgrößte.
24.10.20
23:28
Ute Fabel sagt:
#brandeilig: „Angriffe von Muslimen werden verharmlost“ Wenige Wochen nach der religiös motivierten Enthauptung eines Lehrers ist Frankreich heute Donnerstag wohl wieder Ziel eines Terrorangriffs durch einen islamischen Täters geworden. Drei Menschen wurden bei einem Messerangriff in einer Kirche in Nizza getötet, sechs verletzt. Auch in Avignon kam es zu einem mutmaßlich islamistischen Angriff auf Passanten. Statt sich ausgiebig dem Selbstmitleid hinzugeben, wäre kritische Selbstreflexion angebrachter. Sind das alles wirklich nur psychopathische Einzeltäter? Oder könnte es doch sein, dass diese ständigen Gewalttaten von Muslimen vielleicht doch unmittelbar etwas mit all den "Freundlichkeiten" zu tun hat, die der Koran für "Ungläubige" vorsieht: Sure 9-5: „Sind aber die heiligen Monate verflossen, so erschlaget die Götzendiener, wo ihr sie findet, und packet sie und belagert sie und lauert ihnen in jedem Hinterhalt auf.“ Sure 4-56: „Wer da Unsere Zeichen verleugnet, den werden Wir im Feuer brennen lassen. Sooft ihre Haut gar ist, geben Wir ihnen eine andere Haut, damit sie die Strafe schmecken.“ Sure 8-12: „In die Herzen der Ungläubigen werfe Ich Schrecken. So haut ein auf ihre Hälse und haut ihnen jeden Finger ab.“ Sure 22-19ff: „Für die Ungläubigen sind Kleider aus Feuer geschnitten, gegossen wird siedendes Wasser über ihre Häupter, das ihre Eingeweide und ihre Haut schmilzt, und eiserne Keulen sind für sie bestimmt.“ Wie gesagt, dies ist nur ein kleiner Teil der Freundlichkeiten, die der Koran für uns Ungläubige vorgesehen hat.
29.10.20
13:24
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Ich stimme Ihnen absolut zu, was das Missverhältnis betrifft, hier Moscheeangriffe zu beklagen, während Frankreich erneut 2 islamistische Terrorattacken zu ertragen hat. Eine davon, nämlich die in Nizza; unglaublich bestialisch; der Täter schnitt 3 Menschen die Kehle durch. Aber auf gewisse Koranstellen zu verweisen, das greift zu kurz. Millionen Muslime beweisen, dass man den Koran nicht so interpretieren muss wie diese Attentäter. Diese islamistischen Terroristen sind religiöse Analphabeten.
30.10.20
11:21
Ethiker sagt:
Frau Ute Fabel es ist offensichtlich, das sie einfach nicht anders können als weiter zu hetzen, zumal sie sich nicht einmal richtig informieren können. Der Täter in Avignon war einer von ihnen ein Islamfeind und ein Rassist. Anscheinend wissen sie über die Rechtsgeschichte Österreichs nicht gerade sehr viel, denn dann wüssten sie das Altnazis rege beteiligt waren bei der verfassen der Verfassung nach 1945. Das aus dem Kontext entrissene Surenbashing zeigt auf welcher Linie sie sich befinden. Um den Leser aufzuklären: Der Hass gegenüber Menschen, die man einst Fellachen, Kümmeltürken oder heute gern mit Kebab und Kanacken bezeichnet ist tief in der christlichen Dämonenlehre verwurzelt. Sie ist ein Erbe von archaischen, heidnischen und christlichen Wurzeln. Nehmen sie sich als Beispiel einmal die Vernichtung der vielfältigen Menschengruppen in Südamerika. Anstatt eine Vielfalt von Kultur zu leben und heute vorzufinden findet man Staaten christlicher Prägung mit einer euopäischen Herrscherklasse. Die alten Strukturen wurden alle zerschlagen und ausgelöscht. Nehmen sie sich das Beispiel von Gran Canaria, dort lebten Menschen die aus Nordafrika stammten sie nennen sich Amazigh, diese Menschen und vorallem die Männer wurden grausam vernichtet die Frauen versklavt und vergewaltigt. Das lässt sich neben den Chroniken bis heute in der DNA der Menschen nachweisen, gibt es vorallem unter der Bevölkerung mehr ursprüngliche mtDNA als ursprüngliche Y- DNA. Vorallem die spanische Krone rechtfertigte die Vernichtung, die Söldner und neuen Siedler waren vorallem Menschen aus Norditalien Frankreich und Spanien. Nehmen sie sich auch das Beispiel von Charles den V, ein Habsburger, der die spanische Krone für sich ergriff. Nach der Invasion mit Plünderungen, Massakern und Vergewaltigungen in Tunis im Jahr 1535 war im der Leichengeruch der etwa 30.00 Zivilisten so unangenehm, dass er wieder nach Spanien segelte. An der Invasion beteiligten sich Söldnerheere aus ganz Europa unter dem Segen des Papstes. Frau Fabel der Unterschied zwischen Menschen mit Einsicht und einen Blick auf die Gesamtheit und ihnen ist, dass sie versuchen ihren Hass und Überheblichkeit der kulturell fest verankert scheint durch Islamkritik scheinbar rational erscheinen zu lassen. Dabei ist eigentlich ganz klar welche Absichten und welches Glaubensystem sie für gut heißen. Rassismus ist dabei ein Bestandteil ihres Glaubensystems, auch wenn sie das nicht wahrhaben wollen. Der Unterschied
30.10.20
11:57
Johannes Disch sagt:
@Ute Fabel Aber richtig, eine gewisse ernsthafte Selbstreflexion seitens der Muslime wäre wünschenswert. Und nicht immer die unerträgliche Floskel, das ganze hätte nichts mit dem Islam zu tun. Selbstverständlich hat es damit zu tun, nämlich mit einer Vulgär-Interpretation dieser Religion. Und diese Vulgär-Interpretation wird leider immer mehr en vogue --- mit allen schrecklichen Folgen.
30.10.20
13:54
Ute Fabel sagt:
@ Ethiker: Ich unterstütze eine sufistische syrische Witwe (Kopftuchträgerin, die fünf Mal täglich betet und im Ramadan fastet) und ihre beiden Söhne (21 und 25 Jahre) schon seit Jahren tatkräftig finanziell und ideel, insbesondere beim Deutschlernen. Der Familienvater ist im Dezember 2017 leider viel zu jung an Lungenkrebs gestorben. Dass Österreich mit Alma Zadic derzeit eine Justizministerin hat, die als bosnisches Flüchtlingskind ins Land gekommen ist, freut mich ungemein. Den Koran und im Übrigen auch die Bibel halte ich hingegen für schlechte Bücher, die die Menschheit in erlösungswürdige Rechtgläubige und verdammenswerte Schlechtgläubige unterteilen. Der Versuch des Rosinenpickens mach aufgeklärter Moslems und Christen ist zwar nett gemeint, halte ich aber für intellektuell unredlich. Es wurde so viel Besseres geschrieben und gedacht, sodass es wirklich eine Zeitverschwendung ist, ständig gerade an diesen uninteressanten, abergläubischen Texten zu kleben und mühsam zu versuchen, sie irgendwie zurechtzubiegen.
31.10.20
19:04
grege sagt:
Islamiq.de sollte nicht ein Verhalten beklagen, was es selbst an den Tag legt. Über den Mord an an einen Homosexuellen Touristen hat Islamiq.de immer noch nicht berichtet. Offenbar werden von Islamiq.de Morde gegenüber Schmierereien an Moscheen verharmlost.
08.11.20
15:27
Islam Frei sagt:
An Frau Fabel, Hr. Grege Es für mich nicht einzusehen, weshalb " mein Kampf " Jahrzehnte lang verboten war, Der Koran hingegen noch immer frei verkäuflich ist. Gruss, Islam Frei
25.05.22
17:45