INTERRELIGIÖSER DIALOG

Wo steht der christlich-islamische Dialog?

Wie steht es um den christlich-islamischen Dialog? Diese Frage diskutierten Muslime und Christen auf einer gemeinsamen Tagung des Erzbistums Köln und der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG).

28
10
2020
Dialog
Christlich-Islamischer Dialog: gemeinsame Online-Tagung des Erzbistums Köln und der IGMG © IGMG, bearbeitet by iQ.

Immer wieder werden interreligiöse Beziehungen auf die Probe gestellt. Lokale wie globale Ereignisse führen oft zu Zerwürfnissen. Die einen sehen einen „Kuschel-Dialog“, der die echten Probleme nicht anspricht. Andere kritisieren ohne Rücksicht auf religiöse Gefühle und schaffen dadurch unüberwindbare Gräben.

In einer gemeinsamen Online-Tagung des Erzbistums Köln und der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) haben sich der Kölner Weihbischof Rolf Steinhäuser, IGMG-Generalsekretär Bekir Altaş und Prof. Dr. Josef Freise von der Katholischen Hochschule NRW zum Stand des interreligiösen Dialogs ausgetauscht. In Inputs, einem Podiumsgespräch und den Fragen der Teilnehmer ging es um Erwartungen, Hoffnungen, Überraschungen und vor allem um die Zukunft des Dialogs zwischen Muslimen und Christen.

„Anlass für unsere Veranstaltung ist der 55. Jahrestag des Ramadan-Festgebets muslimischer Arbeitsmigranten im Kölner Dom“, so Dunya Elemenler, Leiterin des Referats für interreligiöse Begegnung und Zusammenarbeit der IGMG und des Islamrats sowie Mitorganisatorin der Tagung. Elemenler moderierte die Versammlung gemeinsam mit Prof. Dr. Thomas Lemmen vom Kölner Referat für Dialog und Verkündigung, der die Planung einer gemeinsamen Fortbildung für Aktive im interreligiösen Dialog ankündigte.

Ohne Dialog kein Verständnis

Weihbischof Rolf Steinhäuser ging auf die päpstliche Erklärung „Nostra aetate“ aus dem Jahre 1965 als Grundlage für das katholische Verhältnis zu Muslimen ein. Laut Steinhäuser dürfe christlicher-islamischer Dialog, der sich hauptsächlich vor Ort abspiele, keine „Saisonentscheidung“ sein. Zudem müssten aus christlicher Perspektive Muslime in der Breite und differenziert wahrgenommen werden. „Genauso wenig wie jeder katholische Priester ein Missbrauchstäter ist, genauso wenig ist auch jeder Muslime ein Extremist“, so der für die Ökumene und interreligiösen Dialog zuständige Weihbischof.

IGMG-Generalsekretär Bekir Altaş spricht sich in seinem Input für eine Kultur der Begegnung aus. „Der Begegnung dürfen keine Grenzen gesetzt werden. Man kann aber auch nicht erwarten, dass immer alle am gleichen Tisch sitzen.“ Gleichzeitig dürfe man auch nicht erwarten, dass man einen Vertreter für alle finde, meint Altaş. Die Ressourcen für den interreligiösen Dialog seien zwar begrenzt, jedoch dürfe das nicht als Vorwurf formuliert werden. „Jeder macht, was er kann, mit den begrenzten Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen.“ Trotzdem sei der Austausch unverzichtbar, denn „wo es kein offenes Gespräch gibt, da gibt es auch selten Verständnis.“

Präsentation von Best-Practice-Projekten

Aus der Außenperspektive hat Prof. Dr. Freise einen Blick auf den Stand des christlich-islamischen Dialogs geworfen. Die Globalisierung habe ermöglicht, dass sich Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft besser kennenlernten, gleichzeitig habe sie aber auch negative Seiten, Stichwort: Filterblase im Internet.

Fundamentalismen auf christlicher und muslimischer Seite sieht Freise als „Reaktion auf die Moderne mit ihren Verunsicherungen“. Auf christlicher Seite gebe es eine Nähe mancher christlicher Positionierungen zur Haltung der „Christen in der AfD“. Im Islam gebe es auch fundamentalistische Strömungen, die aber eher im Internet dominierten. „Was in den Moscheegemeinden gelebt wird, spiegelt nicht wider, was im Internet zu finden ist“, so der emeritierte Dozent.

Teil der Tagung war auch die Präsentation von drei Best-Practice-Projekten: das Dialogprojekt „Kulturmittlerinnen“, ein Kooperationsprojekt der IGMG-Frauenorganisation und der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschland, die vor zehn Jahren initiierte Ausbildung muslimischer Notfallbegleiter in NRW und ein trialogisches Theaterprojekt aus Dortmund, das den NRW-Integrationspreis gewonnen hat.

Leserkommentare

Wolf D. Ahmed Aries sagt:
In meinen vierzig Jahren des "Dialoges" habe ich mir angewöhnt mein dialogischen Gegenüber zu fragen, welcher Kirche er sich zugehörig fühle, denn die ca. 5000 christlichen Kirchen vertreten durchaus unterschiedliche Standpunkte. Mit den u.s.-amerikanischen Pfingstkirchen ist es durchaus schwierig. Daher kommt es für die Muslime darauf an vor Ort ein gutes Klima zu fördern. Dabei helfen Gespräche und kleine Projekte. UNd das Bempühen um eine sprachliche Verständigung. Wir Muslime kennen manche christlichen theologischen Begriffe gleich der Beichte nicht, und viele Christen kommen mt unser Art des frommen Gebetes nicht zu recht. Wir müssen miteinander Geduld
29.10.20
9:40
grege sagt:
Solange in Predigten der IGMG gegen Nichtmuslime gehetzt wird, macht ein derartiger Dialog wenig Sinn. Die christlichen Kirchen sowie einige SPD und Grünen Polititker sind bei der Auswahl muslimischer Dialogpartner häufig erschreckend naiv, wie der Staatsvertrag mit der Schura in Hamburg oder die geplante, im letzten Augenblick revidierte Nominierung von Frau Soykan als Beraterin für das auswärtige Amt.
31.10.20
17:13