Österreich

Regierung will Moscheen leichter schließen

Politischer Islam als eigene Straftat, ein Imam-Verzeichnis und schnellere Moscheeschließungen. Österreich will nach dem Anschlag härter durchgreifen.

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2020
Sebastian Kurz fordert leichtere Schließung von Moscheen
Österreichischer Bundeskanzler Sebastian Kurz © Perspektif, bearbeitet by iQ.

Österreichs konservativ-grüne Regierung hat gut eine Woche nach dem Terroranschlag von Wien umfangreiche Gesetzespläne zum Kampf gegen den Terrorismus vorgestellt u.a. die leichtere Schließung von Moscheen. Bundeskanzler Sebastian Kurz verkündete am Mittwoch ein Paket an Maßnahmen. Dazu gehört ein neuer Straftatbestand „politischer Islam“. Ein Imam-Verzeichnis soll mehr Handhabe gegen extremistische Ideologie bieten. Im Umgang mit Menschen, die der Verfassungsschutz als Gefährder einstuft, soll der Staat deutlich härtere Mittel bekommen.

Straftatbestand: „Politischer Islam“

Nach Willen der Regierung sollen Terrorismus-Vorbestrafte nach Ende ihrer Haftstrafe in den sogenannten Maßnahmenvollzug wie bislang etwa psychisch kranke oder gefährliche Täter kommen – außer, sie haben sich glaubwürdig von radikalen Ideen gelöst. Kurz sagte: „Wenn ein geistig abnormer Rechtsbrecher ein Leben lang weggesperrt werden kann, weil er eine Gefahr ist, dann kann auch ein Terrorist, der eine Gefahr darstellt, ein Leben lang weggesperrt werden.“

Der politische Islam soll ein eigener Straftatbestand werden, um – so Kurz – gegen diejenigen vorzugehen, die keine Terroristen sind, aber den Nährboden dafür schaffen. Vereine und Moscheen sollen bei Terrorpropaganda leichter geschlossen werden können. Imame der Moscheen sollen in einem Verzeichnis registriert werden. Zu den weiteren angekündigten Schritten gehört die Gründung einer auf Terrorismus spezialisierten Staatsanwaltschaft und mehr Informationspflichten in der Betreuung von Bewährungshäftlingen.

Regierung versucht Versäumnisse zu vertuschen

Nach den Terroranschläge in Wien wurden Versäumnisse der Sicherheitsbehörden bekannt, etwa nach Hinweisen darauf, dass der Mann zum Munitionskauf in die Slowakei gefahren war. Die Opposition fordert wegen Versäumnissen der Behörden eine komplette Neuaufstellung des Bundesamts. Leitungsfunktionen sollten nach Können und nicht nach Parteibuch besetzt werden. Die SPÖ und die liberalen Neos warfen der Regierung Vertuschung von Fehlern vor. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Ute Fabel sagt:
Seit Jahren sagen österreichische Sicherheitsexperten, dass islamisch motivierter Terrorismus das größte Gefahrenpotential darstellt, Rechtsextremismus das zweitgrößte. Das hat sich am 2. November 2020 in Wien auf tragische Weise bestätigt. Schon seit Jahrzehnten gibt es in Österreich den Straftatbestand der nationalsozialistischen Wiederbetätigung, wodurch auch schon rechtsextreme Verbalausritte und nicht nur rechtsextreme Gewalttaten pönalisiert werden können. Das soll nun auch auf den politischen Islam übertragen werden, damit man durch die entschlossene Bekämpfung des Nährbodens islamisches Terrorpotential im Keim erstickt werden kann. Der Wiener Terrorist war in zwei Wiener Moscheen aktiv, weshalb es unerlässlich ist, dass der Staat eine bessere Handhabe bekommt, Brutstätten des Terrorismus rechtzeitig unschädlich zu machen.
12.11.20
17:45
Dilaver Çelik sagt:
Wer ein Gesinnungsstrafrecht einführen will, der offenbart damit sein intellektuelles Versagen. Hier wird so getan, als wenn es mit der besagten Patchwork-Ideologie keine intellektuelle Auseinandersetzung frei von populistischen Debatten gäbe. Wer schon Moscheen schließen will, weil der angestellte Imam abfällige Äußerungen getätigt hat, welche strafrechtlich relevant sind, der höhlt damit den Rechtsstaat von innen aus, weil er das Individualprinzip bei Straftatbeständen missachtet. Hier wird ein Grummiparagraph erfunden, welche Muslime unter Generalverdacht stellt, wenn diese sich gesellschaftskritisch, systemkritisch oder kritisch zur Politik äußern. Das ist ein eklatanter Verstoß gegen die Meinungsfreiheit. Als wenn es nicht genug Paragraphen im Strafrecht gäbe, welche Terrorismus effektiv bekämpfen. Das Vorgehen der österreichischen Regierung ist nicht nur eine Verhöhnung des Rechtsstaats, sondern auch des gesunden Menschenverstands. Dieses Vorgehen würde den Terrorismus eher befeuern als effektiv bekämpfen. Türkei 2.0 lässt grüßen.
12.11.20
20:10
Johannes Disch sagt:
Während Deutschland weiterhin in fruchtlosen Dialog-Kuschelrunden-- genannt "Islamkonferenzen"-- verharrt, schafft Österreich die nötigen gesetzlichen Grundlagen für eine erfolgreiche Bekämpfung des politischen Islam (Islamismus). Respekt, Sebastian Kurz!
13.11.20
8:12
Vera Praunheim sagt:
Dieses härtere Durchgreifen in Österreich ist sehr zu begrüßen. Schließlich schützt es uns alle. Moscheeverbände dürfen nicht länger eigene Versäumnisse vertuschen. Politischer Islam als eigener Straftatbestand geht in die richtige Richtung und muß als entschiedener Warnruf verstanden werden. Die Regierung redet Tacheles. Bei Messermorden und Terror hört jede Toleranz auf. Das werden alle echten Friedensreligion-Anhänger verstehen.
15.11.20
15:17