Interreligiöser Dialog

Podiumsdiskussion: Religionen und die Bedeutung des Dialogs

Bei einer Online-Podiumsdiskussion der Eugen-Biser-Stiftung tauschen sich Religionsvertreter über Praxisbeispiele im Interreligiösen Dialog aus.

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11
2020
Religionen und Dialog
Religionen und Dialog

Erfolgreicher interreligiöser Dialog speist sich nach den Worten des Augsburger Bischofs Bertram Meier vor allem aus einem selbstverständlichen Miteinander im Alltag. Er gelinge dann, „wenn Menschen unterschiedlicher Religionen auf ganz selbstverständliche Weise miteinander sprechen, miteinander den Alltag teilen und gemeinsam die Gesellschaft gestalten“, erklärte der Vorsitzende der Unterkommission für den interreligiösen Dialog der Deutschen Bischofskonferenz am Dienstag. Er würdigte eine „gesellschaftliche Relevanz“ von vielen lokalen Dialog-Initiativen hierzulande.

Meier äußerte sich im Zusammenhang mit einer Podiumsdiskussion, die online stattfand. Die von der Eugen-Biser-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung organisierte Veranstaltung widmete sich dem „Beitrag von Dialogbeauftragten der Religionsgemeinschaften und Vertretern gemischtkonfessioneller Dialogprojekte für ein gelingendes Zusammenleben“.

Daran nahmen nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz neben Meier die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz, die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs, der Sprecher des Koordinationsrats der Muslime, Burhan Kesici, sowie der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, teil.

Dialog auf Augenhöhe

Der interreligiöse Dialog ist laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung ein Präventionsmittel gegen ein Auseinanderdriften der Gesellschaft. Er bewahre „vor Ideologien, die Religion benutzen, um die Gesellschaft zu spalten“, sagte Annette Widmann-Mauz (CDU).

Widerspruch kam von Burhan Kesici, dem Vorsitzenden des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland und Sprecher des Koordinationsrats der Muslime. Er sehe den Religionsdialog nicht als Prävention: „Damit erreichen wir die, die problematisch sind, nicht.“ Kesici attestierte dem Austausch indes eine positive Wandlung in den vergangenen Jahren: „Anfangs machte ich die Erfahrung, dass ich mich rechtfertigen musste für bestimmte Positionen, die ich teils gar nicht kannte. Heute läuft der Dialog auf Augenhöhe und es geht weniger um theologische als um gesellschaftliche Fragen.“

Austausch auch von unten ermöglichen

Die Teilnehmer tauschten sich demnach vor allem über Praxisbeispiele der interreligiösen Dialogarbeit aus, darunter das von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) zusammen mit jüdischen und muslimischen Partnern initiierte Projekt „Weißt du, wer ich bin?“ und die Drei-Religionen-Schule im Bistum Osnabrück.

Die evangelische Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs betonte, es gehe beim interreligiösen Dialog nicht darum, den anderen vom eigenen Glauben zu überzeugen. Der Dialog lebe vielmehr davon, „dass man sich mit dem Unterschied befreundet“. Gemeinsame Grundlage sei: „Man steht gemeinsam für die Würde des Menschen ein.“

Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Abraham Lehrer, mahnte, der Religionsdialog dürfe nicht nur von oben, von Spitzenvertretern aus, stattfinden. Es brauche auch einen Austausch von unten, etwa in Schulen. (KNA, iQ)

Leserkommentare

stratmann sagt:
Auch dieser Beitrag hinterlässt bei mir den Eindruck von zwei Gefahren: 1] Interreligiöser Dialog, der nur Selbstverständlichkeiten oder Nettigkeiten austauscht, ist fade und für die breite Bevölkerung langweilig, nimmt weder die Gesprächspartner noch sich selber richtig ernst. Wie im privaten Austausch gehört zum ehrlichen Dialog, dass man sich wechselseitig ehrlich auch kritische Fragen stellt. Wer solche Themen unter den Teppich kehrt, sorgt nur dafür, dass Andere später drüber stolpern. 2] Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung (Frau Annette Widmann-Mauz, CDU) sieht in dem interreligiösen Dialog ein Präven- tionsmittel gegen ein Auseinanderdriften der Gesellschaft. Doch sie verkennt Folgendes vollkommen : Durch die Art und Weise, wie der bevormundende Staat von oben den interreligiösen Dialog mit Geld steuern will, fördert er eine Spaltung. in der Gesellschaft. Dies mache ich hier nur an einem Beispiel deutlich, dem geplanten sogenannten kultischen „HOUSE of ONE“ (für Berliner Schnauze: jüdisch-christlich-islamische Wohngemeinschaft Gottes). Es ist für viele ein gotteslästerliches Projekt, weil ursprünglich Politiker es eingefädelt hatten und letztlich Politik entschied, wer dort die Mus- lime vertreten soll. Christen würden ja wohl auch verschnupft reagie- ren, wenn in Peking als Vertreter für die Christen staatlicherseits beispielsweise „Christen für den Sozialismus“ oder die Neuapostoli- sche Kirche ausgewählt würden. Für ein GRASWURZELprojekt inter- religiösen Dialoges (so hatte Pfarrer Hohberg es ursprünglich vorge- stellt) braucht man keinen teuren kultischen Prestigebau und dafür grenzt man auch nicht willkürlich diskriminierend viele Religionen aus. Obwohl in Berlin nicht einmal 15% der Menschen in der evangelischen Kirche sind und nur 6.000 (der ca. 300.000 Muslime in Berlin) der Gülenbewegung angehören (so die Angaben der Gülenbewegung), schanzt der Staat ihrem HOUSE of ONE schamlos aus Steuerbei- trägen aller Bürger 25 Millionen Euro zu und zudem kostenlos das Grundstück. Bei weitem die meisten Berliner gehören keiner Glau- bensgemeinschaft an. Gerade jetzt ist der Missbrauch von Steuer- geldern zugunsten religiöser Minderheiten ein Ärgernis und auch solche Parteinahme des Staates spaltet die Gesellschaft. Der Innenminister de Maiziere hatte am 30.4.2017 in seiner These sechs behauptet, dass der Staat sich grundgesetzgemäß weltan- schauungs- und religionsneutral verhalte. Doch auch bei dem kulti- schen „HOUSE of ONE“ überschreitet der Staat verfassungswidrig seine Kompetenzen und spielt Religionsingenieur zugunsten von Minderheitengruppen, und manche befürchten bei dem Projekt langfristig synkretistische Absichten. Warum klagt hier niemand? Für den notwendigen, sinnvollen interreligiösen Dialog braucht man keinen neuen kultischen Prestigebau. Und für ihre Kultgebäude sind die Religionsgemeinschaften schon selber zuständig; der Staat darf sich nicht in Religionsfragen einmischen und zudem ihm ge- nehme Minderheiten grundgesetzwidrig finanziell privilegieren. Durchaus sinnvoll ist es dagegen, wenn der Staat über schulische Lehrpläne und mit entsprechenden Angeboten bei Volkshochschu- len, Akademien, politischen Landeszentralen, usw., usf. den interre- ligiösen Dialog fördert. Und die Religionsgemeinschaften können ihrerseits im Sinn eines Graswurzelprojekts interreligiösen Dialog und Trialog institutionalisieren auch ohne teuren kultischen Vorzeige- bau – reihum in bestehenden Gemeindezentren, mal in christlichen, mal jüdischen, mal muslimischen, usw. oder auch auf neutralem Boden in öffentlichen Räumen. Oder damit man nicht diskriminie- rend kleinere Religionsgemeinschaften ausgrenzt, könnte man ein gemeinsames, nichtkultisches Haus der Religionen für Gespräche und gemeinsame Aktionen der unterschiedlichen Religionsgemein- schaften bereitstellen. Schon jetzt gibt es auch ohne das teure kultische „HOUSE of ONE„, das diskriminierend ausgrenzt, pro Woche in Berlin sehr viele interreligiöse viele Angebote. Mit welchem Recht versenkt der Staat dann 25 Millionen in einen neuen Prestigebau, während gleichzeitig zumindest evangelische Kirchen großenteils leer bleiben, oft umgewidmet oder sogar abge- rissen werden? Ein neuer teurer Prestigebau stiehlt anderen Projek- ten das Geld, fördert nicht den Dialog an den Graswurzeln, sondern schafft Fronten, weil die übergroße Mehrheit der Muslime es ablehnt, wer dort nach Willen des deutschen Staates den Islam repräsentieren und gefördert werden soll. Das „HOUSE of ONE“ wird auch in Berlin ständig weitere Sicherheitskräfte binden, wie wir das von „ Brenn- punkten aus dem Ausland kennen.
18.11.20
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