In China werden Millionen muslimische Uiguren in Umerziehungslagern festgehalten. Menschenrechtsexperten fordern ein entschiedeneres Handeln der EU-Staaten.
Mit großer Besorgnis beobachten Experten die Menschenrechtssituation in China. In einer Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe unter der Leitung von Gyde Jensen (FDP) am Mittwochnachmittag warf die Mehrheit der Sachverständigen der chinesischen Regierung die Missachtung und Verletzung fundamentaler Menschenrechte vor. Es brauche ein entschiedeneres Handeln auch der Bundesregierung als Gegenmaßnahme, lautete ihr Plädoyer.
Der Direktor von Human Rights Watch Deutschland, Wenzel Michalski, betonte, dass sich die Situation der Uiguren in China dramatisch verschlechtert habe. Willkürliche Massenverhaftungen, Folter und Misshandlungen von Angehörigen der uigurischen Minderheit in der Region Xingjiang stünden „auf der Tagesordnung“, so Michalski in einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses im Bundestag, wie dieser am Donnerstag mitteilte.
Die in der Region Ostturkestan geborene chinesische Whistleblowerin Sayragul Sauytbay berichtete von ihren Erfahrungen in einem der geheimen Lager, die die KP zu Umerziehung von ethnischen Minderheiten errichtet habe. Dorthin sei sie als ehemalige Beamtin 2017 verschleppt worden. Sauytbay – die 2018 freikam, floh und heute in Schweden lebt – sagte, sie habe unter unmenschlichen Bedingungen ihren Mitgefangenen chinesische Sprache und Kultur beibringen müssen. Folter, Gehirnwäsche, Sklavenarbeit und selbst Tötungen habe sie erlebt, so die Whistleblowerin. Der Kommunistischen Partei warf sie vor, sich „faschistischer Methoden“ zu bedienen, um die turkstämmige Minderheit zu unterdrücken. Sie appellierte an Deutschland, auf China einzuwirken, sonst werde es bald keine Uiguren oder andere osttürkische Völker mehr geben.
Adrian Zenz, Professor an der European School of Culture and Theology, vertrat die Auffassung, der „Machtanspruch der Kommunistischen Partei“ sei „zunehmend totalitär“. Der Staat beanspruche eine „immer stärkere Kontrolle über die Medien, das Internet, Handeln und Denken und sogar den Lebensstil der Menschen“, sagte Zenz. Die Umerziehung in Lagern sei nur eine „intensivere Form dessen, was im Bildungssystem und durch politische Propaganda in der Gesellschaft“ geschehen solle: die Ausrichtung der Bürger auf die Partei. Persönliche Freiheiten gebe es nicht.
In diesem System seien Menschenrechtsverletzungen ein „unvermeidbares Nebenprodukt des Regierens“, sagte Zenz und forderte, Chinas Menschenrechtssituation ernster zu nehmen: Sie werde zunehmend zu einer „Frage der nationalen Sicherheit“ für andere Staaten.