Der „Islamunterricht“ in Bayern soll vom Modellversuch zum regulären Schulfach werden, doch die Vorbereitungen ziehen sich. Im Hintergrund gibt es offenbar politische Verwerfungen. Bei den Lehrern herrscht unterdessen Unsicherheit.
Im März des vergangenen Jahres hat das bayerische Landeskabinett den bestehenden Modellversuch „Islamunterricht“ um zwei Jahre verlängert. Ziel war es, nach den Worten von Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler), die Überleitung in ein Wahlpflichtfach vorzubereiten. So sollte der Schwerpunkt des Unterrichts auf der Islamkunde liegen, einen bekenntnisorientierten Islamunterricht werde es erstmal nicht geben. Auch zwei nach dieser Entscheidung herrscht weiterhin Stillstand.
Der Modellversuch wurde im Jahre 2009 eingeführt. Aktuell beteiligen sich 350 bayrischen Schulen an der Initiative, knapp 100 Lehrer bieten für über 16 000 Schüler „Islamunterricht“ an. Die islamischen Religionsgemeinschaften sind am Modellprojekt nicht beteiligt.
Eine endgültige Entscheidung vor der Winterpause wird angezweifelt. Gründe dafür seien zahllose Abstimmungsschleifen, Bedenken in den Regierungsfraktionen und der umstrittenen Name. Manche wolle den den Namen „Islam“ nicht im Titel haben. Wegen der anhaltenden Ungewissheit sollen bereits Lehrer die Schulen wechseln. Andere Bundesländer werben laut Medienberichten offensiv mit unbefristeten Stellen.
Für die große Mehrheit der muslimischen Schüler in Bayern bedeute der islamische Unterricht Wertschätzung, Zugehörigkeit zur Schulfamilie und Gleichberechtigung. „Bevor die Schüler Inhalte lernen, lernen sie Fragen zu stellen, sich zu artikulieren und Meinungen auszuhalten“, sagt Nürnberger Gymnasiallehrerin Sevda Kamacı gegenüber Medien. Kritisches Denken sei in Religion und Ethik sehr wichtig.
Medienberichten zufolge sei der Bedarf an dem Unterrichtsfach sehr groß. „Wenn die Kinder Fragen haben, die sie nirgends stellen können, die sie daheim nicht zu stellen trauen, besprechen wir das im Islamunterricht“, sagt auch Lehrer Mehmet Yalçın. Seit 18 Jahren bringt er Muslimen an bayerischen Schulen ihren Glauben näher. „Der Modellversuch ist in unseren Händen gewachsen, das zu verlassen, wäre schade. Aber wenn nichts anderes übrig bleibt, muss man halt gehen“, so der Lehrer weiter.