Satire oder Provokation? Es ist nicht das erste mal, dass der Prophet Muhammad oder der Islam verspottet und karikiert werden. Doch wie sollen Muslime mit den Karikaturen umgehen. Ein Gastbeitrag von Dr. Hakan Aydın.
Angesichts der andauernden Diskussionen über die sogenannten „Muhammad-Karikaturen“ stellt sich die Frage, wie der Islam Satire, Spott und Beleidigungen im Allgemeinen gegenüber steht und ob Muslime nur die eigenen Werte achten.
Spott und Hohn, nicht nur in verbaler Form, wurden im Laufe der Geschichte über zahllosen Einzelpersonen und ganzen Gesellschaften ausgegossen und zogen nur allzu oft schlimme Konsequenzen nach sich. Der Islam betrachtet bösartigen Spott deshalb grundsätzlich als verboten. Angriffe auf die eigenen aber auch auf die Werte anderer Gemeinschaften sind aus muslimischer Sicht deshalb falsch.
Der Koran verbietet Zwang in Glaubensfragen. Dies spiegelt sich auch in der Methode wider, mit der der Prophet Muhammad (s) die Menschen zum Glauben an den einen Gott aufrief. Seine Zeitgenossen hatten die freie Wahl, ihm zu folgen und den Götzenglauben aufzugeben oder nicht. Ein anderer Vers verbot es den Muslimen, die Götzen der Mekkaner zu schmähen, da jene dies als Angriff auf ihre Werte empfunden hätten. [1]
Die islamischen Quellen, insbesondere der Koran und die Hadithe, werden oft kontextlos und ohne Methodik herangezogen, um einen direkten Zusammenhang zwischen den Grundlagen des Islams und Gewaltakten zu konstruieren. Jedoch lässt sich anhand von Koran und Hadithen diese Behauptung widerlegen.
So lässt sich beispielweise feststellen, dass der Prophet Muhammad (s) den Beleidigungen und Beschimpfungen der Kuraysch mit nichts anderem als Gottvertrauen begegnete. Der Koran verweist an zahlreichen Stellen auf die Erfahrungen früherer Propheten, denen es ähnlich ergangen war und fordert den Propheten sogar explizit dazu auf, sich von den Spöttern abzuwenden und sie mit ihren Anfeindungen Allah zu überlassen.
In Sure Fussilat, Verse 34-35 heißt es: „Das Gute und das Böse sind fürwahr nicht gleich. Wehre (das Böse) mit Besserem ab, und schon wird der, zwischen dem und dir Feindschaft war, dir wie ein echter Freund werden […].“
Sowohl der Prophet als auch seine Gefährten reagierten auf Beschimpfungen und Verhöhnung ganz im Sinne dieses Verses: stets gelassen und besonnen. Weder fügten sie den Spöttern körperlichen Schaden zu noch zahlten sie es ihnen mit gleicher Münze heim. Im Gegenteil: Laut einem Hadith forderte der Prophet dazu auf, Gerechtigkeit auch demjenigen widerfahren zu lassen, der Böses getan habe. Rachsucht hingegen bezeichnete er als Ausdruck einer charakterlichen Schwäche.
Das Verspotten und Verleumden anderer Religionen, Werte, Gesellschaften und Personen gilt in Islam eindeutig als Sünde und wird deshalb in aller Deutlichkeit abgelehnt. [2] Ist der islamische Glaube wiederum Ziel des Spotts, wird den Gläubigen im Koran geraten, die Situation zu verlassen und sich nicht an derartigen Gesprächen zu beteiligen. [3]
Von diesen Prinzipien lassen sich einige Grundsätze zum Umgang mit der aktuellen Situation ableiten: Auf keinen Fall sollten Muslime sich zu unüberlegten Handlungen hinreißen lassen, sondern sich stattdessen stets vor Augen führen, dass auch der Prophet und seine Gefährten mit Besonnenheit auf Satire, Spott und Beschimpfungen reagiert haben.
Für uns Muslime ist es ermüdend und auch verletzend, uns nach jeder Gräueltat von dieser distanzieren zu müssen. Wenn wir gerade in Krisenzeiten jedoch nicht ständig uns verteidigen möchten, müssen wir in normalen Zeiten die menschlichen und institutionellen Beziehungen zu Angehörigen anderer Religionen verstärken. Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen müssen Methoden und Wege aufgezeigt werden, um diesen Menschen, eine Freundschaft aufzubauen und eine gute Nachbarschaft zu pflegen.
Und nicht zuletzt: Gegenüber der Verächtlichmachung der Werte anderer Menschen, sei es durch Karikaturen oder auf andere Weise, müssen wir mit der gleichen Entschiedenheit eintreten, wie wir dies auch für uns selber wünschen.
[1] Sure An’am, 6:108
[2] Sure Hudschurât, 49:11
[3] Sure Nisâ, 4:140