Karikaturen

Wie gehen Muslime mit Satire und Spott um?

Satire oder Provokation? Es ist nicht das erste mal, dass der Prophet Muhammad oder der Islam verspottet und karikiert werden. Doch wie sollen Muslime mit den Karikaturen umgehen. Ein Gastbeitrag von Dr. Hakan Aydın.

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2020
Koran, Wie mit Satire umgehen
Koran © shutterstock

Angesichts der andauernden Diskussionen über die sogenannten „Muhammad-Karikaturen“ stellt sich die Frage, wie der Islam Satire, Spott und Beleidigungen im Allgemeinen gegenüber steht und ob Muslime nur die eigenen Werte achten.

Spott und Hohn, nicht nur in verbaler Form, wurden im Laufe der Geschichte über zahllosen Einzelpersonen und ganzen Gesellschaften ausgegossen und zogen nur allzu oft schlimme Konsequenzen nach sich. Der Islam betrachtet bösartigen Spott deshalb grundsätzlich als verboten. Angriffe auf die eigenen aber auch auf die Werte anderer Gemeinschaften sind aus muslimischer Sicht deshalb falsch.

Der Koran verbietet Zwang in Glaubensfragen. Dies spiegelt sich auch in der Methode wider, mit der der Prophet Muhammad (s) die Menschen zum Glauben an den einen Gott aufrief. Seine Zeitgenossen hatten die freie Wahl, ihm zu folgen und den Götzenglauben aufzugeben oder nicht. Ein anderer Vers verbot es den Muslimen, die Götzen der Mekkaner zu schmähen, da jene dies als Angriff auf ihre Werte empfunden hätten. [1]

Von Satire und Spott abwenden

Die islamischen Quellen, insbesondere der Koran und die Hadithe, werden oft kontextlos und ohne Methodik herangezogen, um einen direkten Zusammenhang zwischen den Grundlagen des Islams und Gewaltakten zu konstruieren. Jedoch lässt sich anhand von Koran und Hadithen diese Behauptung widerlegen.

So lässt sich beispielweise feststellen, dass der Prophet Muhammad (s) den Beleidigungen und Beschimpfungen der Kuraysch mit nichts anderem als Gottvertrauen begegnete. Der Koran verweist an zahlreichen Stellen auf die Erfahrungen früherer Propheten, denen es ähnlich ergangen war und fordert den Propheten sogar explizit dazu auf, sich von den Spöttern abzuwenden und sie mit ihren Anfeindungen Allah zu überlassen.

Schlechtem mit Gutem begegnen

In Sure Fussilat, Verse 34-35 heißt es: „Das Gute und das Böse sind fürwahr nicht gleich. Wehre (das Böse) mit Besserem ab, und schon wird der, zwischen dem und dir Feindschaft war, dir wie ein echter Freund werden […].“

Sowohl der Prophet als auch seine Gefährten reagierten auf Beschimpfungen und Verhöhnung ganz im Sinne dieses Verses: stets gelassen und besonnen.  Weder fügten sie den Spöttern körperlichen Schaden zu noch zahlten sie es ihnen mit gleicher Münze heim. Im Gegenteil: Laut einem Hadith forderte der Prophet dazu auf, Gerechtigkeit auch demjenigen widerfahren zu lassen, der Böses getan habe. Rachsucht hingegen bezeichnete er als Ausdruck einer charakterlichen Schwäche.

Das Verspotten und Verleumden anderer Religionen, Werte, Gesellschaften und Personen gilt in Islam eindeutig als Sünde und wird deshalb in aller Deutlichkeit abgelehnt. [2] Ist der islamische Glaube wiederum Ziel des Spotts, wird den Gläubigen im Koran geraten, die Situation zu verlassen und sich nicht an derartigen Gesprächen zu beteiligen. [3]

Was ist zu tun?

Von diesen Prinzipien lassen sich einige Grundsätze zum Umgang mit der aktuellen Situation ableiten: Auf keinen Fall sollten Muslime sich zu unüberlegten Handlungen hinreißen lassen, sondern sich stattdessen stets vor Augen führen, dass auch der Prophet und seine Gefährten mit Besonnenheit auf Satire, Spott und Beschimpfungen reagiert haben.

Für uns Muslime ist es ermüdend und auch verletzend, uns nach jeder Gräueltat von dieser distanzieren zu müssen. Wenn wir gerade in Krisenzeiten jedoch nicht ständig uns verteidigen möchten, müssen wir in normalen Zeiten die menschlichen und institutionellen Beziehungen zu Angehörigen anderer Religionen verstärken. Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen müssen Methoden und Wege aufgezeigt werden, um diesen Menschen, eine Freundschaft aufzubauen und eine gute Nachbarschaft zu pflegen.

Und nicht zuletzt: Gegenüber der Verächtlichmachung der Werte anderer Menschen, sei es durch Karikaturen oder auf andere Weise, müssen wir mit der gleichen Entschiedenheit eintreten, wie wir dies auch für uns selber wünschen.

 

[1] Sure An’am, 6:108

[2] Sure Hudschurât, 49:11

[3] Sure Nisâ, 4:140

Leserkommentare

AntiFa09 sagt:
Bevor sich Greg, Disch, Charley und Tomek hier wieder aufspielen, wäre es schön zu wissen, wie sie zur Sache: Mariä Empfängnis (in einigen Bundesländern offizieller Feiertag) stehen? Dass Maria ein Verhältnis sehr wahrscheinlich mit Josef oder vielen anderen Männern hatte und vor der Ehe mit ihm oder anderen das uneheliche Kind namens Jesus gezeugt und in die Welt gesetzt und aus Angst vor der Strafe Gott alles in die Schuhe geschoben hat, glaubt ihr doch hoffentlich auch nicht? Oder doch? Wie viele Menschen auf der Welt feiern eigentlich jedes Jahr wieder aufs Neue die Geburt eines Bastards? Zugegebenermaßen ist der Begriff des Bastards rein biologisch anders definiert, aber für den Mob allemal verständlicher. Insofern ist die Christengemeinde von vornherein schon von Anfang an und nach mehrheitlichem Verständnis unrein. Wie seht ihr das?
19.01.21
20:56
Harousch sagt:
@AniFa09 Nicht nur das Thema „ Maria und unbefleckte Empfängnis“ ist ein sehr sensibles sondern auch Deine Beiträge. Ich finde gut, dass es Menschen gibt die die Dinge auch ansprechen und zwar nicht nur aus Hass gegen eine Gruppe von Menschen, sondern weil sie Verhältnisse hinterfragen. In diesem Zusammenhang gibt es innerhalb der katholischen Kirche ebenfalls die andere Meinung, welche im besonderen Falle Marias von einem eventuellen Vergewaltigungsverdachtsfall ausgeht. Man muss dazu sagen, dass die Vergewaltigung von Frauen in der damaligen Gesellschaft keine Seltenheit darstellten und leider zum Alltag der damaligen Frauen gehörten. Dass Josef sich im Bewusstsein dieser Tatsache Maria sich erbarmte ist innerhalb der christlichen Theologie eine weitverbreitete Meinung, die allerdings und verständlicherweise nicht an die große Glocke gehängt wird. Der ganze Kult um Jesus und die unbefleckte Empfängnis usw. sind dieser Theorie nach eine Verschönerung und Umdrehung der Tatsachen, welche eigentlich nur bedauernswert sind. Vielleicht ist das Christentum gerade deswegen als eine eher triste und schmerzliche und auf das Leid ausgerichtete Religion. Vielleicht auch aus diesem Grund der Hang zu Gewalt und Produktion von massenvernichtenden Waffen? Ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen seit der Gründung und im Namen des Christentums auf der gesamten Welt ermordet wurden. Oder doch. Gibt es irgendwelche Leichenzähler mit konkreten Angaben?
20.01.21
16:13
Charley sagt:
@islamiq: Mit großem Erstaunen stelle ich fest, dass Sie so ein Posting von AntiFA09 (19.1.21, 20:43) durchgehen lassen, obwohl es wirklich nur aus Pöbelei ("unterste Schublade") besteht und keinerlei sachliche Aussage enthält. @AntiFA09: "....charley ... hier wieder aufspielen..." Jemand der so unsachlich, unfundiert hier herumpöbelt wie AntiFA09 spielt sich auf! ...und dann "schön zu wissen"... für wen, warum? Also bitte erst mal die o.g. recht sachliche Frage bzgl. der "Beleidigtheit von Mohammed" klären (Tötungsbefehl Mohammeds: “Er besaß auch zwei Singsklavinnen, Fartana undihre Freundin, die über den Propheten Spottlieder sangen. Muhammad ordnete deshalb an, diese beiden zusammen mit Ibn Khatal zu töten.”.), was in krassem Widerspruch steht zu der "heiligen, großmütigen Version" vom Artikelautor. Und jetzt - Bildung hilft - einfach mal das NT lesen: Da steht ganz deutlich drin, dass Josef der Vater war.... incl. (interessanter Weise 2 verschiedene Abstammungslinien von Josef (nicht Maria!)). Das "Jungfräuliche" der Geburt Jesu besagt 1. nur, dass sie eine JUNGE Frau war (das ist sprachwissenschaftlich inzwischen ziemlicher Standard) und dass sie offensichtlich kein Bewusstsein vom Zeugungsakt gehabt hat. Das kann bei "rituellen Zeugungen" im Tempel der Fall gewesen sein (da gibts ja entsprechende jüdische Legenden). Gezeugt IM heiligen Geist.... Dass "himmlische Mächte" also "Vaterschaft" hatten, auch wenn irdische Väter ihre Chromosomen dazu gaben, war damals (einfach mal die Vaterschaften v Zeus in der griechischen Mythologie prüfen) eine bekannte Vorstellung. Gezeugt VOM Heiligen Geist. Wo liegt also Ihr Problem? Sicherlich kann ohne xy-Chromosomen niemand "Mann" werden. Und mit einem halben Chromosomensatz auch nicht Mensch... worauf wollen Sie hinaus? So sehr auf die Abstammung zu verweisen stellt Sie etwas in Nazi-Rassismus-Nähe, denn die Abstammung ist mir z.B. ziemlich egal. Als ob eine Individualität durch ihren per Abstammung entstandenen Leib definiert werden könnte (Wird AntiFA09 durch seine Schuhe definiert?) Mich interessiert nur, was jemand von sich gibt und tut im Leben. Und darin unterscheiden sich Jesus und "AntiFA09" erheblich! Sorry, aber da bringt "AntiFA09" Pöbeleien, irgendwelche Behauptungen über ein "loses Leben von Maria" (ohne irgend eine qualifizierte Quelle dafür anzugeben). Was soll so ein Geschwrubbel?
20.01.21
16:14
Johannes Disch sagt:
@AntiFa09 (19.01.2021, 20:56) Was soll meine Haltung zu § 166 StGB mit katholischen Feiertagen zu tun haben?
20.01.21
19:21
grege sagt:
Da man ja als Christ auch seine Nichtfreunde lieben soll, möchte ich der Höflichkeit halber auf Antifas etwas sinnentleerte Fragen eingehen. Nun die tatsächlichen Begebenheiten während des Entstehenungszeitraum von Relgionen liegen mindestens 2000 bzw. 1500 Jahre in der Vergangenheit zurück und fußen daher auf wenig gesicherte Erkenntnisse. Daher gelangt die Wissenschaft diesbezüglich zu höchst unterschiedlichen Ergebnissen. Wie einige Maria Unzucht unterstellen, bezichtigen andere Mohammed Missbrauch an Schutzbefohlenen sowie schwerer Kriegsverbrechen, die ihn von seinem sakralen Sockel stoßen und einen Platz zwischen Marc Dutroux und Ratko Mladic einräumen würden. Ob und inwieweit eine Religion auf welche Begebenheiten beruht, ist für mich eher belanglos, entscheidend ist das maßgebliche Religionsverständnis. Hier hat sich das Christentum durch seinen Rückzug in die Privatsphäre eher zum Positiven verändert, während der Islam in einer Negativspirale rotiert. Kleine Kostprobe: Meine Negativäußerung zu Maria kann ich gefahrlos überall in Deutschland tätigen, während eine analoge Aussage zu Mohammed mir dasselbe Schicksal bescheren könnte wie Samuel Party.
21.01.21
20:21
Charley sagt:
zu dem Geschreibe von AntiFA09: Vermutlich hat er Maria und Maria Magdalena durcheinander gebracht. Maria Magdalena wird gemeinhin nachgesagt, dass sie eine ziemlich leidenschaftliche "Partygängerin" gewesen sein soll, bevor sie - immer noch - leidenschaftlicher Anhänger Jesu wurde. Nach wie vor: Woher AntiFA09 seine These über das "Lotterleben" Mariens her hat, ob das qualifiziert ist, wäre also eine erst einmal nachzuweisende Stufe, bevor man sich überhaupt mit diesem Thema - was überhaupt nichts mit dem o.g. Text von Dr. Hakan Aydın zu tun hat - auseinandersetzt.
21.01.21
21:24
Johannes Disch sagt:
Es geht hier bei dem Artikel doch nicht um christliche Feiertage und auch nicht darum, welcher Art denn nun Marias Empfängnis war. Es geht um den Umgang von Muslimen mit Spott über ihre Religion. Und da muss man feststellen, dass viele Muslime da empfindlicher sind als Gläubige anderer Religionsgemeinschaften und dass manche Muslime zu illegitimen Mitteln greifen, um ihrem Beleidigtsein Ausdruck zu verleihen. Es geht um die Frage, ist ein Paragraf-- § 166 StGB-- der das Beleidigen von Religion unter Strafe stellt, noch zeitgemäß? Wie "Charley" treffend feststellt, ist das Beleidigtsein der Gläubigen ein Ausdruck von verletztem Stolz. Das Heilige-- erneut "Charley"-- kann nicht beleidigt werden. Es sind nicht Karikaturisten, die eine Religion in den Schmutz ziehen. Es sind fundamentalistisch Gläubige, die ihre Religion beschädigen. Man kann einen fundamentalen Unterschied fststellen im Umgang mit Spott zwischen den Angehörigen unterschiedlicher Religionsgemeinschaften. Während die meisten Juden und Muslime inzwischen ein entspanntes Verhältnis zu ihrer Religion haben-- siehe "Dirty Pictures from the Holy Scriptures" über das AT und beispielsweise "Das Leben des Brian" bezogen auf das Christentum-- und satirische Kritik als selbstverständliches Mittel einer freien Gesellschaft betrachten, sind es Muslime, die das Beleidigtsein schon fast zu einer Profession erheben und Sanktionen fordern, wenn ihre Religion durch den kakao gezogen wird, dabei das Grundrecht auf Religionsfreiheit instrumentalisierend. Es wäre fatal für eine offene Gesellschaft, sich auf diesen Gestus des Beleidigtseins einzulassen. Es wäre das Ende der Meinungsfreiheit. Was Muslime offenbar nicht verstehen können oder nicht verstehen wollen: Seriöse satirische Islamkritik, wie sie beispielsweise "Charlie Habdo" betreibt, zielt nicht auf die Religion des Islam, sondern auf deren pervertierte Auswüchse, wie sie der islamistische Terror darstellt. "Charlie Hebdo" hat das immer wiedewr betont, obwohl das gar nicht nötig ist, wenn man ein bisschen Sinn für Kontext hat. Es hat die Redakteuere von "Charlie Hebdo" aber nicht davor bewahrt, von fundamentalistischen Djihadiisten gekillt zu werden. Meine Lieblingskarikatur von "Charlie Hebdo": Der Prophet kniet, vor ihm einige islamistische Terroristen mit Kalaschnikovs. Der Prophet schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, über seinem Kopf die Spruchblase: "Es ist fürchterlich, von Idioten geliebt zu werden." Es liegt auf der Hand, dass mit dieser Karikatur nicht der Prophet gemeint ist und auch nicht "Der Islam" und "Die Muslime", sondern dass diese Karikatur auf djihadistische Islamisten zielt. Nur mit einem äußerst bescheidenen IQ kann man in in dieser Karikatur eine Beleidigung des Propheten erkennen.
22.01.21
10:17
Johannes Disch sagt:
@Harosch (20.01.21, 16:13) So so, Sie möchten wissen wie viele Menschen seit der Gründung des Christentums im Namen dieser Religion erschlagen wurden?? Dieses historische Aufrechnen führt zu nichts und ist für die aktuelle Problematik belanglos. Entscheidend ist folgendes: Der islamistische Terror ist das aktuelle Problem. Es sind keine Christlich-fundamentalistische Gruppen bekannt, die einen Gottesstaat herbeibomben wollen. Und es läuft auch kein christlicher Ideologe durch die Gegend, der Augustinus "Gottesstaat" zur Grundlage einer staatlichen Ordnung machen will.
24.01.21
19:26
Charley sagt:
Vielleicht könnte Dr. Hakan Aydın selbst einmal auf mein noch immer nicht beantwortetes Posting s.o. antworten?! Könnte mal bitte jmd von den Islamgelehrten hier überprüfen, ob diese Überlieferung richtig überliefert ist: “Er besaß auch zwei Singsklavinnen, Fartana undihre Freundin, die über den Propheten Spottlieder sangen. Muhammad ordnete deshalban, diese beiden zusammen mit Ibn Khatal zu töten.”. (aus: Ibn Ishaq, Das Leben des Propheten, Tübingen/Basel 1976, S. 218) steht ja in ziemlichen Widerspruch zu dem Text oben, wo es heißt: "Sowohl der Prophet als auch seine Gefährten reagierten auf Beschimpfungen und Verhöhnung ganz im Sinne dieses Verses: stets gelassen und besonnen. Weder fügten sie den Spöttern körperlichen Schaden zu noch zahlten sie es ihnen mit gleicher Münze heim."
25.01.21
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