Gut ein Jahr nach dem Rückzug des muslimischen CSU-Bürgermeisteranwärters Şener Şahin im schwäbischen Wallerstein sieht der 45-Jährige kaum Fortschritte für muslimische Politiker jenseits der Großstädte.
Gut ein Jahr nach dem Rückzug des muslimischen CSU-Bürgermeisteranwärters Şener Şahin im schwäbischen Wallerstein sieht der 45-Jährige kaum Fortschritte für muslimische Politiker jenseits der Großstädte. Auf dem Land würden Debatten geführt „über Katholiken und Lutheraner und wer kandidieren darf. Und dann ein Muslim? Es wird Jahre dauern, bis man auf dem Land so weit ist“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“ (Montag). „Auf dem Land ticken viele einfach so, Konservativismus und Tradition spielen eine große Rolle.“ Groll hege er wegen des damaligen Widerstands an der Parteibasis gegen ihn allerdings nicht.
Der Wallersteiner CSU-Vorstand (Landkreis Donau-Ries) wollte im vergangenen Jahr mit Sahin an der Spitze in die Wahl am 15. März gehen. Da es an der Basis allerdings Kritik an Sahin wegen dessen Religion gab, zog der Kandidat seine Bewerbung zurück.
Der in Deutschland geborene Unternehmer mit türkischen Wurzeln war vom örtlichen Parteivorstand nominiert und unterstützt worden. Allerdings hätten auch 15 Kommunalwahl-Kandidaten der Wallersteiner CSU mit ihrem Rückzug gedroht, falls Şahin zum Bürgermeister-Kandidaten gewählt würde. Es sei immer wieder um seinen Glauben gegangen, sagte Şahin. Ein Muslim und die Christlich-Soziale Union passten nicht zusammen, hätten Parteimitglieder gesagt. Außerdem habe es zahlreiche Proteste beim Ortsverband sowie beim nordschwäbischen Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange gegeben.
Şahin besitzt in Wallerstein einen Maschinenhandel. Er lebt schon immer in der Region, ist im nahen Nördlingen geboren und hat türkische Wurzeln. Mit seiner aus einer christlichen Familie stammenden Frau hat er zwei Kinder.
Der Ortsvorstand, so Sahin im BR weiter, habe Einwände zunächst mit den Worten zurückgewiesen, er solle „ja nicht Pfarrer werden, sondern Bürgermeister“. Er sei auf niemanden in seiner Partei sauer; ergänzte der 44-Jährige. Der Widerstand sei vor allem von Parteifreunden über 60 gekommen, die man wohl nicht ändern könne. Die Ablehnung habe „wehgetan“, so Şahin weiter: „Und ich war bestimmt öfter in der Kirche als die, die mich jetzt nicht wollen.“ Die CSU geht nun wahrscheinlich ohne eigenen Bürgermeisterkandidaten in die Kommunalwahl am 15. März. (dpa/iQ)