ÖKO-ISLAM

Grüne Moscheen – Ökologische Ansätze für mehr Nachhaltigkeit

Immer mehr Moscheen werden klimabewusster ausgestattet. Doch der Weg zu einer ökologischen und nachhaltigen Moschee ist noch lang. Ein Gastbeitrag von Ursula Kowanda-Yassin.

07
02
2021
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Moscheen
Öko Moschee

Moscheen sind wichtige Orte für Musliminnen und Muslime. In der Moschee zieht man sich zum Gebet zurück, sucht die Nähe zu Allah, reflektiert über eigene Handlungen. Neben der spirituellen Einkehr spielt Bildung in Moscheen eine wichtige Rolle, oft werden Kurse mit religiösen Inhalten angeboten. Auch gesamtgesellschaftliche Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaerwärmung werden miteinander diskutiert, denn sie beschäftigen natürlich auch muslimische Gemeinschaften.

In Europa wurde die erste energieeffiziente Öko-Moschee in Cambridge 2019 gebaut. Emissionsfrei, aus Holz errichtet und mit Regenwassernutzung, ist sie bislang europaweit die einzige ökologisch gebaute Moschee. Für dieses Vorzeigeprojekt wurden 23 Millionen Pfund ausgegeben.

Wenn ein entsprechendes Budget vorhanden ist, ist vieles möglich, doch nicht jede Gemeinde hat viel Geld für großartige ökologische Bauweisen. Andererseits, wer sagt, dass es dieses immer braucht? Aus einer islamisch-religiösen Perspektive gesehen, kann jeder einen Beitrag leisten – entsprechend seiner oder ihrer Möglichkeiten, auch ohne finanzielle Ressourcen.

Jede Handlung zählt

Der Islam ist eine Religion, in der das Handeln neben dem Glauben im Vordergrund steht. So lautet es in einer prophetischen Überlieferung, dass jede Tat gemäß der Absicht gemessen werde. Ein klarer Hinweis dafür, dass jede Handlung zählt. Auch die Möglichkeiten sind verschieden und so zählt beispielsweise die kleine Spende eines armen Menschen mehr, als eine große Spende eines sehr reichen Menschen, denn für den Armen ist sie verhältnismäßig größer. Und, so kann weiter argumentiert werden. Es kann also jede Moscheegemeinde für sich Bereiche finden, in dem sie durch ihre Arbeit dazu beiträgt, Allahs Schöpfung zu schützen.

Ursula Kowanda-Yassin
ÖKO-DSCHIHAD
Der grüne Islam – Beginn einer globalen Umweltbewegung
ISBN: 9783701734214
176 Seiten
März 2018

Wie kann Wasser und Strom gespart werden? Wie kann Müll getrennt oder besser gleich vermieden werden? Wie kann die muslimische Gemeinschaft dahingehend bewegt werden, sich achtsam in der Natur zu bewegen, und Allahs Schöpfung zu lieben, etwa ein Krabbeltier zu beobachten anstatt es angeekelt zu zertreten? Wie kann bewusst gemacht werden, dass es Teil des Islams ist, Verantwortung für die Schöpfung zu übernehmen? Das sind nur einige Fragen, mit denen sich Musliminnen und Muslime sowie Moscheegemeinden beschäftigen können.

Moscheen werden grüner

Einige Moscheen in Europa setzen bei nachhaltiger Energie auf die Sonne und Photovoltaik-Anlagen werden installiert. Doch es gibt auch einfache Methoden um Strom zu sparen. So können die Fenster an heißen Tagen beispielsweise geöffnet werden, um für Zugluft zu sorgen oder die Räumlichkeiten werden tagsüber verdunkelt und Fenster geschlossen, um die Hitze auszusperren. Wenn es einen Außenbereich gibt, können mehrere Bäume gepflanzt werden, damit sie Schatten und Kühlung bringen, und zu einem angenehmen Luftklima beitragen. Der Wechsel zu einem grünen Stromanbieter bringt ökologische und meist auch wirtschaftliche Erleichterung und ist oft unkomplizierter als erwartet.

Außerdem können kleine Anpassungen im Hausmanagement auch wirkungsvoll sein. Gemeinden können Energiesparlampen verwenden und Wasserhähne mit einem Sensor installieren, um Wasser zu sparen. Fahrradständer vor der Moschee regen dazu an, das Auto zuhause zu lassen. Und wenn der Imam regelmäßig darauf hinweist, kann es zu einer Gewohnheit werden, nicht mehr mit dem Auto zum Gebet zu fahren.

Mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit schaffen

In Hinblick auf Bewusstseinsarbeit unter den Moscheebesucher können unterschiedliche Veranstaltungen organisiert werden wie z. B. ein „Green Iftar“ oder ein Umwelt- oder Aktionstag mit der Gemeinde. Bei einem „Green Iftar“ wird möglichst verpackungsfreies biologisches Essen zum Fastenbrechen angeboten und sparsam gekocht. Denn gerade beim Essen wird sichtbar, ob man auf seine Mitwelt achtet, besonders im Ramadan ein wesentliches Thema. Bei all diesen Veranstaltungen werden islamisch-religiöse Aspekte auch thematisiert um verständlich zu machen, dass Umweltschutz in der Religion verankert ist: Soziale Gerechtigkeit, Sparsamkeit mit Ressourcen wie Wasser, die Erde als ein anvertrautes Gut, dass auch für nachkommende Generationen gesund bleiben soll.

Die Gemeindemitglieder nehmen diese Angebote mit Interesse, Begeisterung und Dankbarkeit auf. Wenn dieses Thema unter Musliminnen und Muslimen angesprochen wird, ist die Reaktion manchmal aber auch Betroffenheit darüber, wie sich die Klimasituation darstellt. Enthusiasmus wird geäußert in dem Wissen, dass es Möglichkeiten gibt zu handeln und dazu beizutragen, dass sich die Situation verbessert.

Gerade beim Thema „Nachhaltigkeit“ braucht es nicht viel Material oder Infrastruktur, es genügt oft einfach, sich mit dem Thema zu beschäftigen, Fragen zu diskutieren und miteinander zu erkunden, was besser gemacht werden kann. Manchmal werden jedoch Grenzen spürbar. Zu tief sitzen Gewohnheiten, zu weit weg ist man von dem Thema, weil man als Kind nie gelernt hat, achtsam mit der Natur umzugehen. Oder andere Themen des Alltags beschäftigen einen und das Umweltthema ist nur ein Randthema von vielen.

Moscheen haben Potenzial für mehr Nachhaltigkeit

Mancherorts kommt der Anstoß zu mehr Nachhaltigkeit von Musliminnen und Muslimen, die eine Moschee als Besucherinnen oder Besucher kennen und versuchen, die Verantwortlichen in der Moschee zu überzeugen, dieses Thema in ihre Arbeit zu integrieren. Nicht immer gelingt dies, manchmal sind Verantwortliche zu sehr mit anderen Herausforderungen beschäftigt. Etwa um ihre Fixkosten zu bezahlen – besonders in Zeiten der Corona-Pandemie, denn viele kleine Moscheen in Europa leben von den Spenden der Besucher und Besucherinnen an Freitagen.

Es ist noch ein langer Weg zu mehr Nachhaltigkeit in Moscheen, doch es gibt viele Engagierte und Möglichkeiten. Zweifelsohne gibt es Potenzial in der Religion, in muslimischen Gemeinschaften, das es für die Bewahrung der Schöpfung zu entdecken und zu nutzen gilt.