Rassismus

Hanau erinnert mit „digitalem Denkmal“ an Anschlag

Die Stadt Hanau hat zum Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags vor einem Jahr ein „digitales Denkmal“ ins Leben gerufen.

17
02
2021
Digitales Denkmal in Hanau
Screenshot: Digitales Denkmal in Hanau © Stadt Hanau

Zum Gedenken an die Opfer des rassistisch motivierten Anschlags mit neun Toten vor einem Jahr hat die Stadt Hanau eine Internetseite als „digitales Denkmal“ ins Leben gerufen. Die Seite mit der Adresse www.hanau-steht-zusammen.de gehe in der Nacht zu diesem Freitag (19. Februar) online und umfasse Nachrufe, Videos, Interviews mit Angehörigen der Opfer sowie ein Kondolenzbuch, das auf bewegende Weise zeige, dass die Tat Menschen auf der ganzen Welt erschüttert habe, teilte die Stadt am Mittwoch mit. „Es ist unser unverrückbarer Anspruch, die Opfer des 19. Februar 2020 niemals zu vergessen“, erklärte der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD). „Das digitale Denkmal ist ein nachhaltiges, lebendiges Ausrufezeichen und gleichzeitig ein Aufruf, eine solche Tat nie wieder geschehen zu lassen.“

Mit der Seite wolle man informieren und einen digitalen Ort schaffen, der immer offen sei und an den sich jeder jederzeit begeben könne, wenn er trauern möchte, Fragen habe oder Hilfe suche. Zugleich lade sie die Besucher ein, sich für Vielfalt und Toleranz zu engagieren.

Hanau habe gezeigt, dass rassistisch motivierter Terror wachse

Am 19. Februar vergangenen Jahres hatte der 43-jährige Deutsche Tobias R. in Hanau neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen, bevor er mutmaßlich seine Mutter und schließlich sich selbst tötete. Am Jahrestag ist auch eine Gedenkveranstaltung geplant, an der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sowie Kaminsky teilnehmen werden.

Der Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, betonte die gemeinsame gesellschaftliche Herausforderung, Ausgrenzung und Menschenverachtung entgegenzutreten. Es sei noch immer „schockierend, mit welch abgrundtiefer Menschenverachtung die Tat verbunden war“, erklärte Jug. Hanau habe zudem gezeigt, dass rassistisch motivierter Terror in der Mitte der Gesellschaft wachse. „Rassismus vergiftet Gesellschaften. In Hanau und überall auf der Welt.“ Am Freitag werde die Hanauer Marienkirche von 12.00 bis 20.00 Uhr für Friedensgebete öffnen. Zu jeder vollen Stunde solle es mit dem Glockengeläut ein Gebetsangebot geben. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Meine Güte, alles Hanau oder was?? Zig Artikel hier über Hanau in den letzten Tagen und Wochen. Gedenken an Hanau analog, Gedenken an Hanau digital... Wie wäre es mal mit ähnlich viel Aufwand mit Gedenken an die Opfer des islamistischen Attentats vom Berliner Breitscheid - Platz.
17.02.21
19:21
Zubair Ahmad sagt:
Johannes Disch, wir betrauern unseren Verlust so lange, so häufig, so intensiv und so laut wie wir müssen. Mindestens aber bis sowohl unser Verlust adäquat verarbeitet ist und diese und andere Gedenktage in einen ehrlichen politischen Willen münden, gegen die rassistischen Verhältnisse in Deutschland zu kämpfen bzw. bis auch der letzte Weiße Mann sich mit seinem Weißsein kritisch auseinandergesetzt hat. Gerne können Sie sich diesen Kämpfen anschließen, gerne können Sie aber auch weiterhin schamlos und unreflektiert von Ihrem Privileg gebrauch machen und unsere Trauerarbeit beklagen. Was, ehrlich gesagt, einfach nur widerlich ist. Zwischenzeitlich können Sie aber, so oder so, Ihr Bedürfnis nach adäquaten Konsum woanders befriedigen.
18.02.21
10:25
Vera Praunheim sagt:
Wo und wann gibt es auch mal ein Gedenken an die getötete Mutter des Täters? Gabriele Rathjen, die fatalistischerweise einen irregeleiteten Mörder geboren hat, fällt ganz durch das Gedenken-Raster. Vom Sohn ermordet, von niemandem betrauert.
19.02.21
15:15
Dilaver Çelik sagt:
Das Attentat vom Berliner Breitscheid-Platz ist eindeutig die Tat eines Psychopathen, was bedingt durch diese pathologische Persönlichkeitsstruktur nicht verwunderlich ist. Der Hanau-Attentäter war da nicht anders gestrickt.
21.02.21
3:15
Johannes Disch sagt:
@Zubair Ahmad (18.02.2021, 10:25) Dass man so lange trauert wie nötig, das ist selbstverständlich. Nicht selbstverständlich ist, dass diese schreckliche Tat instrumentalisiert wird. So auch von Ihnen. Von wegen, wir müssten uns mit unserem Weißsein kritisch auseinandersetzen und rassistische Verhältnisse. Sie betreiben Idenditätspolitik in Reinkultur. Als wäre Rassismus an die Ethnie und die Hautfarbe gebunden.
24.02.21
12:57