Berlin führt als erstes Bundesland eine Expertenkommission zu antimuslimischem Rassismus ein. Damit reagiert die Justizverwaltung unter anderem auf den rechtsextremistischen Terroranschlag am 19. Februar 2020 in Hanau.
Berlin führt als erstes Bundesland eine Expertenkommission zu antimuslimischem Rassismus ein. Damit reagiert die Justizverwaltung unter anderem auf den rechtsextremistischen Terroranschlag am 19. Februar 2020 in Hanau. Der Täter erschoss dort vor genau einem Jahr in und vor zwei Shisha-Bars neun Hanauer mit Migrationshintergrund.
Dirk Behrendt (Grüne), Senator für Justiz und Antidiskriminierung, sagte gegenüber Medien: „Es ist unerträglich, wenn in Berlin Frauen das Kopftuch heruntergerissen wird oder sogar kleine Kinder angegriffen werden.“ Man habe sich insbesondere nach dem Anschlag in Hanau gefragt, ob wirklich genug gegen antimuslimischen Rassismus getan werde.
„Deshalb wollen wir mit einer Expert*innenkommission das Handeln von Politik und Verwaltung auf den Prüfstand stellen“, sagte Behrendt. Zunächst stehe eine Bestandsaufnahme von Hilfsstrukturen und ein Problemaufriss an, dann würden „konkrete Empfehlungen“ erarbeitet.
Die Landesantidiskriminierungsstelle hatte demnach schon 2018 das Landesprogramm gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus um den Förderbereich antimuslimischen Rassismus erweitert. Bis zum Frühjahr 2022 solle das neue Expertengremium nun die Arbeit der Berliner Verwaltung „kritisch begleiten“.
Mitglieder sind Zülfukar Çetin von der Evangelischen Hochschule Berlin, Ozan Zakariya Keskinkiliç von der Alice Salomon Hochschule, Sanem Kleff von „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und Yasemin Shooman vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). Auch das Islamforum der Integrationsbeauftragen entsendet mit Lydia Nofal und Mohamad Hajjaj zwei Mitglieder für die Kommission.
Als Vorbild für die Kommission werde die Expertenkreise im Kampf gegen Antisemitismus gesehen. Seit 2019 berate Fachkundige aus der Wissenschaft bei diesem Thema auch den Berliner Senat. Erst kürzlich sei bekannt geworden, dass im vergangenen Jahr mindestens 184 Fälle islamfeindlicher Angriffe auf Moscheen, Friedhöfe, Begegnungsstätten, Kulturvereine oder sonstige Religionsstätten erfasst wurden. Demnach wurde 2020 jeden zweiten Tag in Deutschland eine muslimische Stätte angegriffen.
Rund die Hälfte der Deutschen nehme den Islam als Bedrohung wahr: Das sei das Ergebnis der Untersuchung „Weltanschauliche Vielfalt und Demokratie“, die auf der Basis des repräsentativen „Religionsmonitors“ der Bertelsmann-Stiftung im vergangenen Jahr veröffentlicht worden sei.