Frankfurt

Anwältin Başay-Yıldız erhält weitere Morddrohung

Seit mehr als zwei Jahren erhält die Anwältin Seda Başay-Yıldız rechtsextreme Drohschreiben. Private Daten wurden von einem Polizeirechner abgerufen. Empfohlene Sicherheitsmaßnahmen muss sie jedoch selbst zahlen.

05
03
2021
Başay-Yıldız Anwältin Seda Başay-Yıldız, NSU
Anwältin Seda Başay-Yıldız, NSU © Facebook, bearbeitet by iQ

Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız hat ein weiteres rechtsextremes Drohschreiben erhalten. Das Schreiben mit Morddrohungen sei eingetroffen, nachdem Mitte Februar bekannt gegeben wurde, dass sie den Ludwig-Beck-Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für besondere Zivilcourage erhalten werde, sagte Başay-Yıldız der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Freitag). Es sei ebenfalls mit „NSU 2.0“ unterzeichnet gewesen. Die Anwältin kritisierte im sozialen Netzwerk Facebook am Freitag scharf den hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) sowie Landespolizeipräsident Roland Ullmann.

Nach den mehr als einem Dutzend der „NSU-2.0„-Schreiben, die anfangs per Fax und später per Email eingingen und auch Drohungen gegen die Familie von Başay-Yıldız enthielten, hatten Experten des Landeskriminalamts (LKA) die Juristin beraten und ihr sicherheitstechnische Maßnahmen empfohlen, die nach Angaben ihrer Anwältin teilweise umgesetzt wurden. Die Rechnung in Höhe von mehr als 5000 Euro sei an das hessische Innenministerium gegangen. Bei den Ermittlungen war herausgekommen, dass die öffentlich nicht zugänglichen persönlichen Daten von Başay-Yıldız von einem Computer in einem Frankfurter Polizeirevier abgerufen worden waren.

Bei Facebook zitierte die Anwältin aus einem Schreiben Ullmanns, wonach es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die rechtswidrige Datenabfrage in Ausübung eines öffentlichen Amts erfolgt sei.

Mangelnde soziale und fachliche Kompetenz bei Polizei

Başay-Yıldız erklärte dazu, es handele sich nicht um ein Privatproblem. Die Abfrage sei durch hessische Beamte während der Dienstzeit von einem Dienstcomputer erfolgt. „Durch den Abruf und die Weitergabe unserer persönlichen Daten von hessischen Beamten wurde unsere Sicherheit gefährdet“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur am Freitag. „Der Landespolizeipräsident und der hessische Innenminister meinen, dass das meine Privatsache sei. Die mangelnde soziale und fachliche Kompetenz der Entscheidungsträger, die sich hier offenbart, schadet nicht nur der Institution Polizei, sondern auch dem Rechtsstaat.“

Die Anwältin der Juristin betonte, es gehe nicht darum, ob die illegalen Datenabfragen in einer „hoheitlichen“ Funktion der Polizei erfolgt seien. Vielmehr sei es nur Polizisten und anderen Personen mit hoheitlichen Funktionen möglich, überhaupt an diese Informationen heranzukommen. Auch die Vorgesetzten seien nicht in der Lage gewesen, die Datenabfragen zu unterbinden oder nachzuverfolgen. Nächster Schritt werde eine Klage beim Frankfurter Landgericht sein.

Innenministerium bleibt weiterhin zurückhaltend

Ob entstehende Kosten für Sicherungsmaßnahmen an Wohnobjekten von Privatpersonen seitens des Landes getragen werden können, hänge vom konkreten Einzelfall ab, teilte ein Sprecher des hessischen Innenministeriums mit.

Es sei völlig unverständlich, warum das Innenministerium es sogar ablehne, die entstandenen Sicherheitsmaßnahmen der Familie auf dem Wege der Amtshaftung anzuerkennen, sagte der innenpolitische Sprecher der hessischen Linken-Fraktion, Hermann Schaus. „Der Zusammenhang zwischen der illegalen Datenabfrage, seinerzeit im 1. Frankfurter Polizeirevier, und der Bedrohung der Familie von Frau Başay-Yıldız ist offenkundig.“ Damit läge ganz klar ein kausaler Zusammenhang zwischen dem ersten Drohschreiben und dem polizeilichen Fehlverhalten vor. (dpa, iQ)

Leserkommentare

ABM sagt:
Ich bin kein Profi, aber es gibt seitens der Behörde klare Paragraphen wann man und Familie unter Personenschutz steht. Der Rest wird per Gericht geklärt. Mit dem Innenministerium hat das nichts zu tuen. Ich finde unsere Gesellschaft muss nach Halle, Hanau und Lübcke viel vorsichtiger seitens Behörden sein. Das zählt auch für die Sicherheit von Moscheen und Privatpersonen.
05.03.21
19:18