Ein rechtskonservativer Verein hat ein Verbot von Niqab und Burka durchgesetzt. Gegner sehen beim Verhüllungsverbot nur Stimmungsmache gegen Muslime.
Nach Frankreich, Österreich und anderen europäischen Ländern verbietet auch die Schweiz muslimischen Frauen künftig die Verschleierung mit Niqab oder Burka in der Öffentlichkeit. Bei einer Volksabstimmung zum Verhüllungsverbot sprachen sich am Sonntag mehr als 52 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Vorlage und damit gegen die Empfehlung der Regierung aus, die dagegen war.
Bis zum Nachmittag hatten 19 von 22 ausgezählten Kantonen das Verbot angenommen. Insgesamt gibt es 26 Kantone. Das Verbot muss nun in die Verfassung aufgenommen werden und gilt auf der Straße, in Restaurants und Geschäften. Nur für Gotteshäuser gibt es eine Ausnahme.
Offiziell war in der Abstimmungsvorlage von einem Verhüllungsverbot die Rede. Auch Demonstranten dürfen ihr Gesicht künftig nicht mehr verstecken. Der Verein, der die Volksabstimmung mit einer Unterschriftensammlung durchsetzte, macht aber keinen Hehl daraus, dass der Vorstoß auf die muslimische Verschleierung zielte.
Das Egerkinger Komitees hatte die Unterschriften zur Durchsetzung der Abstimmung gesammelt. Dieser Verein hatte 2009 auf gleichem Weg durchgesetzt, dass keine neuen Minarette in der Schweiz gebaut werden dürfen.
Die Gegner des Verbots warfen dem Verein vor, nur Stimmung gegen Muslime zu machen. Mit dem Verbot werde die Gleichberechtigung der Frauen nicht gefördert. In einer freiheitlichen Gesellschaft dürfe es derartige Kleidervorschriften nicht geben. Feministinnen kritisierten, dass auf dem Rücken von Frauen Politik gemacht werde, denn sie müssten künftig mit Bußgeldern rechnen.
Der Anteil der Muslime in der Schweiz lag 2018 bei 5,3 Prozent. Die Zahl der Niqabträgerinnen wird auf rund 30 geschätzt.
Die französische Soziologin Agnès De Féo beschäftigt sich seit 15 Jahren mit dem Thema. Nach ihren Angaben sind Frauen in Europa, die sich verhüllen, vielfach erst als Teenager oder Erwachsene zum Islam übergetreten. Sie seien in aller Regel nicht unterdrückt, sondern sehr forsch und wollten mit dem Gewand gegen das gängige Mode- und Schönheitsideal protestieren, sagte sie der „NZZ“. In Frankreich habe der Niqab durch das dortige Verhüllungsverbot als Zeichen des Protests an Bedeutung gewonnen. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte urteilte 2014, dass das Verhüllungsverbot weder gegen die Meinungs- noch gegen die Religionsfreiheit verstoße. (dpa, iQ)