Hinter jeder Zahl steht ein Schicksal. Und manchmal werden sogar Kinder zum Opfer von Rassismus. Die Statistik der Opferberatung RAA ist jedes Jahr eine Mahnung.
Das Ausmaß rechtsextremer und rassistischer Gewalt ist in Sachsen nach Angaben der Opferberatung RAA weiterhin groß. Für das vergangene Jahr listete der Verein am Dienstag in Dresden 208 entsprechende Angriffe mit 304 Betroffenen auf. Im Jahr zuvor waren es 226 Fälle mit 276 Opfern. „2020 war geprägt durch die Corona-Pandemie, die sich in vielerlei Hinsicht auf rechte, rassistische und antisemitische Gewalt auswirkte“, teilten RAA-Vertreter mit.
„Mit den von den sogenannten Querdenkern verbreiteten Verschwörungserzählungen gehen antisemitische Einstellungen und Feindbilder einher. Sie sehen sich im Widerstand gegen „dunkle Mächte“, was der Rechtfertigung von Gewalt dient und ein hohes Radikalisierungspotenzial mit sich bringt“, erklärte RAA-Referentin Andrea Hübler.
Nach RAA-Angaben handelte es sich bei den meisten Angriffen um Körperverletzung (139 Fälle) sowie Nötigung und Bedrohung (47). Aber auch fünf Brandstiftungen seien verübt worden, darunter ein Brandanschlag auf eine Shisha-Bar und ein Döner-Lokal – nur zwei Tage nach dem rassistischen Anschlag in Hanau am 19. Februar 2020. Der Großteil der Angriffe sei rassistisch motiviert (107); 39 Angriffe hätten sich gegen politische Gegner gerichtet.
Manchmal werden sogar Kinder zur Zielscheibe. So schubsten am 9. Juni 2020 drei Männer auf einem Spielplatz ein dreijähriges Kind so heftig, dass es sich leicht verletzte, hieß es. Die Mutter sei zuvor rassistisch beleidigt worden.
Als regionale Schwerpunkte wurden die Städte Dresden (52), Leipzig (66) und Chemnitz (16) genannt. Der Landkreis Leipzig (18) stellt seit Jahren einen Schwerpunkt rechter Gewalt in Sachsen dar. Die RAA verbucht nach eigenen Angaben für 2020 insgesamt 263 Beratungen; dabei wurden 373 Menschen betreut – Opfer, Angehörige, Bekannte und Zeugen von Straftaten.
Die sächsische Politik benenne zwar Rechtsextremismus als das größtes Problem bei der politisch motivierten Kriminalität, bei den Behörden schlage sich das aber in der Wahrnehmung und Beurteilung bestimmter Taten nicht immer nieder, sagte Hübler und mahnte eine Debatte über dieses Thema an. Es müsse wirklich ernst genommen werden.
Derzeit wird in Sachsen eine Online-Umfrage zu Diskriminierungserfahrungen durchgeführt. Erstmals werden mit dieser Umfrage in Sachsen verschiedene Formen von Diskriminierung entlang unterschiedlicher Merkmale und ihr Zusammenwirken erfasst. (dpa, iQ)