Dresden

Studie: Lehrpläne hinken beim Thema Migration der Realität hinterher

Die Themen Migration und Integration spiegeln sich laut einer Studie aus Dresden in Lehrplänen deutscher Schulen nicht angemessen wider.

23
03
2021
Studie: Lehrpläne hinken beim Thema Migration der Realität hinterher © Perspektif, bearbeitet by iQ.
Studie: Lehrpläne hinken beim Thema Migration der Realität hinterher © Perspektif, bearbeitet by iQ.

Die Themen Migration und Integration spiegeln sich laut einer Studie aus Dresden in Lehrplänen deutscher Schulen nicht angemessen wider. Zentrale Etappen der jüngeren Migrationsgeschichte wie die Anwerbung von Gastarbeitern, die Zuwanderung von Spätaussiedlern oder Fachkräften finde nur selten Erwähnung, teilte die Technische Universität Dresden am Dienstag mit.

Dagegen würden Phänomene der Migration oft mit krisenhaften Entwicklungen wie Flucht und Vertreibung verknüpft. „Damit steht die Darstellung der Migration und Integration in den Lehrplänen nicht im Zeichen gesellschaftlicher Normalität. Auch migrationsbedingte Vielfalt und Fragen nach Identität und Zugehörigkeit werden nur selten thematisiert“, hieß es.

Schulbücher in fünf Bundesländer analysiert

Für die Studie hatte das Mercator Forum Migration und Demokratie (Midem) an der TU Dresden eine Bestandsaufnahme von Lehrplänen vorgenommen. Dafür wurden die Fächer Geografie, Geschichte und Politik/Gemeinschaftskunde der Klassenstufen 7 bis 10 in Bayern, Berlin und Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen untersucht, dazu auch Schulgesetze und Beschlüsse der Kultusministerkonferenz analysiert. Zudem führten die Forscher Interviews mit ausgewählten Expertinnen und Experten für Lehrplanentwicklung und Lehrerfortbildung.

Auftraggeber der Studie war die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU).

„Ein Viertel der Menschen in Deutschland hat eine Einwanderungsgeschichte. Diese Vielfalt gehört schon längst zum selbstverständlichen Alltag in den Schulen und Klassenzimmern“, erklärte Widmann-Mauz. Wichtig sei, diese Vielfalt mit all ihren Chancen und Herausforderungen auch im Schulunterricht und in den Lehrmaterialien zu thematisieren. Die Autoren der Studie empfehlen unter anderem, auch Lehrkräfte mit ausländischen Wurzeln in die Ausgestaltung von Lehrplänen einzubinden.

Bekir Altaş: Migration und Islam werden oft als Konfliktthemen behandelt

Auch der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), Bekir Altaş, äußerte sich zu den Ergebnissen der Studie.„Die Befunde aus der Studie bestätigen unsere Beobachtungen. Migration, der Islam oder kulturelle Unterschiede werden im Unterricht oft im Kontext von Konflikten oder Krisen behandelt. Nicht selten werden religiöse Überzeugungen von muslimischen Schülerinnen und Schülern von Lehrkräften ins Lächerliche gezogen oder mit unqualifizierten Bemerkungen stigmatisiert“, erklärt Altaş.

Der Islamischen Gemeinschaft liege in diesem Kontext zahlreiche Beschwerden und Anfragen von Schülerinnen und Schülern sowie ihren Eltern über den Schulunterricht vor.  (dpa/iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Es macht mich wütend und traurig, dass Lehrer heute noch nach dem Stand einer Zeit unterrichten, als der Begriff "Ausländer" ein Modewort war. Deutschland braucht mehr junge Lehrer (m/w) mit interkultureller Kompetenz. Und vor allem mehr Lehrer (m/w) mit Zuwanderungsvorgeschichte.
23.03.21
16:55