Während des Ramadan wird in vielen Moscheen das Tarâwîh-Gebet verrichtet. Aufgrund der nächtlichen Ausgangssperre wird sie nun vielerorts ausgesetzt.
Im zweiten Jahr hintereinander begehen Muslime den Fastenmonat Ramadan unter Corona-Bedingungen. Im Gegensatz zum letzten Jahr haben zwar Moscheen geöffnet, jedoch mit Einschränkungen. Weiterhin setzen Muslime verstärkt auf Online-Formate und beobachten das Infektionsgeschehen aufmerksam. Je nach Situation werden die vorhandenen Hygienekonzepte für Gemeinschaftsgebete angepasst.
Nach den zuletzt hohen Inzidenzwerten und den daraus resultierenden Ausgangssperren haben islamische Religionsgemeinschaften beschlossen, die nächtlichen Gottesdienste (Tarâwîh-Gebete) in diesen Regionen auszusetzen und die Moscheen für den Zeitraum der nächtlichen Ausgangssperren zu schließen.
Laut Infektionsschutzgesetz und Corona-Schutzverordnungen der Bundesländer gilt im Falle einer Ausgangssperre, dass Ausnahmen hiervon nur aus gewichtigen Gründen möglich sind. Entsprechend der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit der Religionsausübung stellen Gottesdienste einen solchen triftigen Grund dar. Insbesondere die Tarâwîh-Gebete im Ramadan. Doch werden Muslime aus Rücksicht und Verantwortung gegenüber Mitmenschen nicht von diesem Recht Gebrauch machen.
Der Islamrat in Deutschland und die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) haben ihren Gemeinden angeraten die Nachtgebete und somit auch die Tarâwîh-Gebete nicht durchzuführen, wenn Ausgangssperren ausgesprochen worden seien. „Das Recht auf ungestörte Religionsausübung ist sehr wichtig, aber wir müssen auch verantwortungsvoll reagieren und schauen, wie wir Vorkehrungen treffen können, um unsere Mitglieder und die Gesellschaft schützen zu können“, erklärt Islamrat-Vorsitzender Burhan Kesici gegenüber IslamiQ.
Auch die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) hat beschlossen, von der grundgesetzlich garantierten Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen und ihre Gemeinden angewiesen, im Falle einer Ausgangssperre die Gottesdienste in den Moscheen auszusetzen. „Die Gesundheit und der Schutz des Lebens haben höchste Priorität! Das ist unsere Prämisse, von der wir uns seit Beginn der Pandemie leiten ließen“, erklärt der DITIB-Bundesvorstand in einer Pressemitteilung.
Das Tarâwîh-Gebet ist kein Pflichtgottesdienst, sondern eine Sunna. Trotzdem legen viele Muslime großen Wert darauf, das Gebet in der Moschee zu verrichten. Gerade in Ländern mit überwiegend nichtmuslimischer Bevölkerung tritt vor allem hier die gemeinschaftliche Dimension des Ramadan hervor. Wer tagsüber arbeiten muss, zur Universität oder in die Schule geht, hat jetzt die Gelegenheit, mit anderen Menschen in der Moschee zusammenzukommen und an der feierlichen Atmosphäre teilzuhaben, die dort den ganzen Monat über herrscht.
So wird das Tarâwîh-Gebet als spirituelle Bereicherung erlebt. Aufgrund der Corona-Pandemie findet das Tarâwîh-Gebet dieses Jahr nicht in den Moscheen statt, sondern wird individuell zuhause verrichtet. Nichtsdestotrotz sollten Eltern wenn möglich ihre Kinder mit dieser schönen Tradition des gemeinsamen spirituellen Erlebens vertraut machen.