BAMF

Studie zu muslimischem Leben in Deutschland veröffentlicht

Aktuell leben mehr als fünf Millionen Muslime in Deutschland. Einer neuen Studie zufolge wird der Einfluss der Religion auf die Integration sehr überschätzt.

28
04
2021
Islam Symbolbild, Muslime
Symbolbild: Islam und Muslime

Das muslimische Leben in Deutschland ist in den letzten Jahren deutlich vielfältiger geworden, die Zahl der Musliminnen und Muslime ist gewachsen und ihre gesellschaftliche Einbettung wird weniger von der Religion, sondern stärker von anderen Faktoren wie der Aufenthaltsdauer beeinflusst. Das sind zentrale Ergebnisse der Studie „Muslimisches Leben in Deutschland 2020“, die das Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (DIK) erstellt hat.

Ein wichtiges Ziel der Studie war es, die Berechnung der Zahl der Muslime mit Migrationshintergrund in Deutschland zu aktualisieren. Nach der neuen Hochrechnung des BAMF-Forschungszentrums sind es derzeit zwischen 5,3 und 5,6 Millionen. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung liegt damit zwischen 6,4 Prozent und 6,7 Prozent. Im Vergleich zur letzten Hochrechnung im Jahr 2015 ist die Zahl der muslimischen Religionsangehörigen um rund 900.000 Personen gestiegen.

Knapp Hälfte der Muslime sind deutsche Staatsangehörige

Muslimische Religionsangehörige mit einem Migrationshintergrund aus der Türkei bilden mit 2,5 Millionen Personen weiterhin die größte Herkunftsgruppe, stellen mit einem Anteil von 45 Prozent aber nicht mehr die absolute Mehrheit. Fast 1,5 Millionen Menschen (27 Prozent) kommen aus einem arabischsprachigen Land im Nahen Osten (19 Prozent) oder Nordafrika (8 Prozent).

Ein Fünftel (21 Prozent) der muslimischen Religionsangehörigen sind Kinder oder Jugendliche im Alter von unter 15 Jahren. Weitere 22 Prozent sind zwischen 15 und 24 Jahre alt, nur 5 Prozent sind älter als 64 Jahre. Bei der Gesamtbevölkerung ist der Anteil der über 64-Jährigen mit 21 Prozent mehr als viermal so hoch. Fast die Hälfte der Musliminnen und Muslime in Deutschland sind deutsche Staatsangehörige (47 Prozent).

Bamf-Präsident Hans-Eckhard Sommer hob hervor, viele Musliminnen und Muslime fühlten sich mit Deutschland stark verbunden. „Der Großteil der Musliminnen und Muslime, der eine Vereinsmitgliedschaft besitzt, hat diese in einem deutschen Verein. Auch die Häufigkeit der Alltagskontakte zu Personen deutscher Herkunft ist hoch. Zwei von drei Personen haben häufig Kontakt zu Personen deutscher Herkunft im Freundeskreis.“

70 Prozent der Musliminnen tragen kein Kopftuch

Personen mit Migrationshintergrund aus muslimisch geprägten Herkunftsländern sind laut Studienergebnissen deutlich religiöser als Personen ohne Migrationshintergrund: 82 Prozent – sowohl der muslimischen Religionsangehörigen als auch der Personen mit einer anderen Religion – geben an, stark oder eher gläubig zu sein. Etwa 40 Prozent der Muslime fühlen sich von einem der islamischen Religionsgemeinschaften vertreten.

Die religiöse Alltagspraxis sieht dabei durchaus unterschiedlich aus: So halten sich etwa 70 Prozent von ihnen an besondere Getränke- und Speisevorschriften. Dagegen beten nur 39 Prozent täglich. Deutlich über zwei Drittel (70 Prozent) der Musliminnen tragen kein Kopftuch.

Leserkommentare

Vera Praunheim sagt:
Einen Satz in dieser Studie finde ich besonders bemerkenswert: "Und nur etwa 15 Prozent der Muslime fühlen sich von den islamischen Religionsgemeinschaften vertreten." Wo werden dann überhaupt die anderen 85 Prozent in der Gesellschaft oder in den Medien sichtbar? Welche Wünsche, Vorstellungen und Lebensentwürfe haben diese 85 Prozent - im Gegensatz zu den anderen 15 Prozent? Am lautesten und stärksten machen sich die Islamverbände ständig bemerkbar mit immer neuen Forderungen. Dabei wollen sie den Eindruck vermitteln, daß nur sie allein den Islam vertreten können und dürfen und gleichsam für alle Muslime sprechen würden. Man könnte fast sagen, daß sie irgendwie auf einem hohen Ross sitzen und sich etwas anmaßen, das ihnen gar nicht zusteht. Denn die große Masse der Muslime steht gar nicht hinter ihnen. Und wenn die Islamverbände behaupten, nur sie würden den "wahren Islam" repräsentieren, so erinnert das wohl mehr an Dominanzgebaren, Selbstüberschätzung und Autokratie. Muslimisches Leben in Deutschland sieht letztlich anders aus. Und das gilt es festzuhalten und allen bewußt zu machen.
28.04.21
16:04