Das Beratungsnetz für Rassismusopfer hat Fälle rassistischer Diskriminierung ausgewertet. Eines der drei häufigsten Motive: Muslimfeindlichkeit.
Das Beratungsnetz für Rassismusopfer hat Fälle rassistischer Diskriminierung für das Jahr 2020 dokumentiert und ausgewertet. Demnach ereigneten sich die meisten gemeldeten Vorfälle rassistischer Diskriminierung am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft. Fremdenfeindlichkeit sei das meist genannte Motiv, gefolgt von Rassismus gegen Schwarze und Muslimfeindlichkeit. Im Vordergrund stünden auch rassistische Vorfälle im öffentlichen Raum, bei Kontakten mit der Verwaltung und der Polizei sowie im Internet.
Mit 95 gemeldeten Fällen ist dem Bericht zufolge der Arbeitsplatz der am stärksten betroffene Lebensbereich. Betroffene berichten über Beleidigungen, abschätziges und respektloses Verhalten von Seiten der Teamkollegen oder Ungleichbehandlung durch Vorgesetzte. Beispielsweise wandte sich eine Studentin an eine Beratungsstelle, weil sie bei ihrer Praktikumstelle an einer Primarschule von der Rektorin aufgrund ihres Kopftuchs auf eine herablassende Art und Weise angesprochen wurde. Die Rektorin habe verlangt, die Haare der Praktikantin zu sehen und gefragt, ob sie Haarprobleme habe und empfahl ihr, sich die Haare anders zu frisieren. Nach der Konfrontation wurde die Praktikantin ohne Begründung aufgefordert, das Praktikum abzubrechen.
In 72 Beratungsfällen wurden rassistische Vorfälle in der Nachbarschaft registriert. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie haben die Diskriminierungsvorfälle in den privaten Bereich, besonders auf die Nachbarschaft, verlagert. Zum Beispiel schikanierte eine Nachbarin eine anerkannte Familie von Geflüchteten nach deren Einzug in eine neue Wohnung. Nach zahlreichen respektlosen Äußerungen über Menschen muslimischen Glaubens, Anschrieen der Kinder im Treppenhaus an und Belästigung der Familie mit unbegründeten Lärmklagen und Polizeirufen, wie die Beratungsstelle auf Wunsch der betroffenen Familie die Nachbarin schriftlich auf die Straftatbestände der Rassismusstrafnorm hin. Dies habe zu einer Verbesserung der Situation geführt.
Das häufigste Diskriminierungsmotiv war mit 304 Fällen die Fremdenfeindlichkeit, gefolgt von Rassismus gegen Schwarze mit 206 und Muslimfeindlichkeit mit 55 Meldungen. In jedem vierten Beratungsfall stellten die Beratungsstellen eine Mehrfachdiskriminierung fest. Am häufigsten würden ein Zusammenwirken rassistischer Diskriminierung mit Diskriminierung aufgrund des Rechtsstatus, des Geschlechts und der sozialen Stellung genannt.
Aufgrund einer angepassten Methodik für die Fallerfassung lassen sich die Zahlen des diesjährigen Rassismusberichts nicht mit denen des Vorjahrs vergleichen. Der Rassismusbericht 2020 wurde graphisch neu gestaltet und inhaltlich besser auf die Zielgruppen abgestimmt. Ausserdem werden Fälle, bei denen ein rassistisches Motiv nicht ausgeschlossen werden kann, als Fälle rassistischer Diskriminierung ausgewertet. Dank dieser Anpassung werden Vorfällen des Alltagsrassismus und im privaten Bereich besser Rechnung getragen.