Im ersten Quartal dieses Jahres wurden 91 islamfeindliche Angriffe auf Muslime und Moscheen erfasst. Experten gehen von einer höheren Dunkelziffer aus.
Jeden Tag wird in Deutschland rein rechnerisch ein islamfeindlicher Vorfall von den Behörden verzeichnet. Im ersten Quartal gab es nach vorläufigen Zahlen bundesweit 91 Angriffe auf Muslime und Moscheen oder andere muslimische Einrichtungen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Links-Abgeordneten Ulla Jelpke hervor, die der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag) vorliegt. Das waren deutlich weniger Taten als im Vorquartal mit 197 Vorfällen sowie im Vorjahresquartal mit 275 Fällen.
Die endgültigen Zahlen dürften laut Links-Fraktion durch Nachmeldungen allerdings noch steigen. Sechs Taten richteten sich gegen Moscheen. Zu den Vorfällen zählten Volksverhetzung, Beleidigungen, Beschimpfungen, Störung der Religionsausübung und Sachbeschädigung.
Die innenpolitische Expertin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, zeigte sich erfreut über die erstmals seit Jahren so stark gesunkenen Zahlen. Sie sehe darin „eine Folge der verstärkten medialen, politischen und gesellschaftlichen Bewusstseinswerdung und Ächtung von Rassismus im Zuge der Black-Lives-Matter-Proteste“, sagte Jelpke. Sie fügte hinzu: „Der Rückgang ist allerdings so eklatant und überraschend, dass ich an eine Trendwende noch nicht so recht glauben kann.“ Denn sie sehe nicht, warum sich die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Muslimen zum Jahreswechsel plötzlich so massiv gewandelt haben sollte: „Wir müssen die Entwicklung weiter beobachten, ehe wir sagen können, ob wir es hier tatsächlich mit einem Mentalitätswandel zu tun haben.“
Im vergangenen Jahr hat es Bundesweit mindestens 901 islamfeindliche Übergriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen wie Moscheen in Deutschland gegeben. Behörden registrierten demnach ein Plus von knapp zwei Prozent gegenüber dem Jahr 2019 mit 884 Übergriffen. Auch hier gehen Experten von einer höheren Dunkelziffer aus, weil erfahrungsgemäß noch etliche Nachmeldungen dazukämen. Ein Großteil der Übergriffe von Betroffenen aus Scham oder Scheu vor den Behörden gar nicht erst zur Anzeige brachten.
Zu den erfassten Straftaten zählen etwa Hetze gegen Muslime oder muslimische Geflüchtete im Netz (sogenannte Hasskommentare), Drohbriefe und Angriffe auf Kopftuch tragende Frauen oder erkennbar muslimische Männer auf der Straße. Zudem gehören auch Sachbeschädigung und Nazi-Schmierereien an Häusern und Moscheen dazu. Über die Höhe der Schäden hatten die Behörden keine Erkenntnisse. (KNA, iQ)