Am Dienstag startet die umstrittene Imamausbildung am Islamkolleg in Osnabrück. Vor allem Religionsgemeinschaften äußern Bedenken.
Die Imamausbildung am Islamkolleg Deutschland in Osnabrück soll in der kommenden Woche beginnen. Das Kolleg wird am Dienstag eröffnet, wie der Trägerverein mitteilte. Zu der Eröffnungsfeier wird unter anderem Ex-Bundespräsident und Kuratoriumsmitglied Christian Wulff erwartet. Aufgrund der Corona-Pandemie hatte sich der ursprünglich für April geplante Start der Ausbildung verzögert.
Die ersten Unterrichtseinheiten der zweijährigen Imamausbildung finden bereits am Montag statt. Die Ausbildung am Islamkolleg soll auf Deutsch erfolgen und sieben Bereiche umfassen: Predigtlehre, Koranrezitation, Seelsorge, politische Bildung, gottesdienstliche Praktiken, Gemeindepädagogik und soziale Arbeit. Bis zu 25 Plätze für angehende Imame sind vorgesehen. In der Regel sollen sie vor der Ausbildung bereits ein Studium der islamischen Theologie abgeschlossen haben.
Zu den Gründungsmitgliedern gehören islamische Theologen, muslimische Personen des öffentlichen Lebens und Organisationen wie der Zentralrat der Muslime (ZMD) oder das Bündnis Malikitischer Gemeinden Deutschland.
Filiz Polat, Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Migrations- und Integrationspolitik, bezeichnet das neue „Islamkolleg Deutschland“ (IKD) in Osnabrück in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ als wegweisend. Mit Blick auf die DITIB, die kürzlich ein eigenes Ausbildungszentrum in der Eifel gegründet hatte, sagte Polat: „Für die DITIB wird das Projekt in Osnabrück eine große Konkurrenz sein.“
Die Geschäftsführerin der DITIB-Niedersachsen, Emine Oğuz, widerspricht dieser Aussage vehement. Man sehe keine Konkurrenz, sondern nur einen „Versuch der Politik, die islamischen Religionsgemeinschaften unter Druck zu setzen“. Die DITIB ist eine Religionsgemeinschaft, die verfassungsrechtlich legitimiert sei, religiöses Personal nach eigenen Glaubensgrundsätzen auszubilden und diese dann in ihren Gemeinden zu beschäftigen. Das Islamkolleg sei jedoch politisch legitimiert, Personal auszubilden, und „eventuell werden diese irgendwann und irgendwo beschäftigt“, so Oğuz weiter.
Wie Oğuz gegenüber IslamiQ mitteilt, habe man vor Gründung für eine Zusammenarbeit in Osnabrück plädiert, damit die Absolventen später eine Aussicht auf eine Anstellung in den Moscheen haben. „Allerdings blieben unsere Anfragen zunächst unbeantwortet, und später wurde uns gesagt, dass kein Gesprächsbedarf besteht.“ Aus diesem Grund könne man nicht von aufrichtigem Interesse der Politik an einer Zusammenarbeit mit islamischen Religionsgemeinschaften sprechen.
Der Beruf des Religionsbeauftragten basiere auf Vertrauen der Gemeinde. „Wenn man aber bewusst die großen Religionsgemeinschaften außen vor lässt und auf damit verbundene Erfahrung und Fachkompetenz verzichtet, legt die Politik eine große Last auf die Schultern junger Absolventen des Islamkollegs“, da deren Zukunft nach der Ausbildung weiterhin ungewiss bleibe, erklärt Oğuz abschließend.
Auch der Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) Bekir Altaş kritisierte die neue staatliche Imamausbildung: „Politisch motivierte Interventionen zur Ausbildung von Imamen sind erklärungsbedürftig.“ Die Imamausbildung sollte frei von äußeren, insbesondere politischen Einflüssen sein und Imame nur den Gemeindemitgliedern, ihrem Glauben und ihrem Gewissen unterworfen sein. „Vor diesem Hintergrund sind politisch motivierte Interventionen und Zahlungen staatlicher Gelder an Initiativen in vermeintlich privater Trägerschaft zur Ausbildung von Imamen erklärungsbedürftig“, so Altaş weiter.
Für den Vorsitzenden des Islamrats, Burhan Kesici, zeige die Diskussion um die Imamausbildung und die Eröffnung des Islamkollegs in Osnabrück, dass die Aktivitäten der islamischen Religionsgemeinschaften kaum wahrgenommen werden. Trotz dass diese „seit Jahrzehnten ihre eigenen Imame ausbilden“.
Außerdem habe Kesici bemerkt, dass mit dem Islamkolleg die Leistungen der aktiven Imame in den Moscheen negativ dargestellt werde. „Dies ist sehr problematisch“, betonte er. Die staatliche Finanzierung des Islamkollegs zeige, dass dort bestimmte Vorgaben seien, die man als Religionsgemeinschaft in dieser Form nicht unterstütze. „Wir sind immer noch der Meinung, dass die Imamausbildung Sache der Religionsgemeinschaften ist und sich der Staat in diesem Bereich raushalten sollte“, so Kesici abschließend. (KNA, iQ)