Bremen

Muslime und Juden rufen zum gesellschaftlichen Frieden auf

Muslimische und jüdische Religionsgemeinschaften senden angesichts der Ausschreitungen im Nahen Osten einen Friedensappell. Die Proteste dürfen die Grenzen zur Juden- und Muslimfeindlichkeit nicht überschreiten.

18
06
2021
Muslimische und jüdischer Vertreter der Religionsgemeinschaften
Muslimische und jüdischer Vertreter der Religionsgemeinschaften

Juden und Muslime im Land Bremen haben angesichts des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern zum gesellschaftlichen Frieden aufgerufen. „Allen Angehörigen der Opfer und Verletzten gilt unser tiefes Mitgefühl. Wir hoffen, dass die bestehende Waffenruhe als erster kleiner Schritt auf dem gemeinsamen Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden zwischen den Palästinensern und Israelis genutzt wird“, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung.

Zu den Unterzeichnern gehören die DITIB Islamische Religionsgemeinschaft Niedersachsen und Bremen e.V., die Jüdische Gemeinde im Lande Bremen K.d.ö.R., die Islamische Föderation Bremen e.V. und die SCHURA – Islamische Religionsgemeinschaft Bremen e.V. 

Proteste dürfen Grenze nicht überschreiten

Man wisse, dass man diesen Jahrzehnte alten Konflikt nicht von Bremen aus lösen könne. „Trotz aller unterschiedlicher Ansichten zum Nahostkonflikt sind wir fest davon überzeugt, uns weiterhin für ein friedliches und respektvolles Zusammenleben im Land Bremen einzusetzen.“

Mit Sorge verfolge man die Auswirkungen des Nahostkonflikts auf das  gemeinschaftliche Zusammenleben. „Angriffe auf Personen oder religiöse Einrichtungen können nicht toleriert werden und müssen mit aller Entschiedenheit verfolgt werden.“ Auseinandersetzungen und hitzige Debatten, aber auch legitime Proteste dürfen die Grenzen zur Juden- und Muslimfeindlichkeit in Bremen und Bremerhaven nicht überschreiten. Pauschale Schmähungen, Diffamierungen und Hetze gegenüber ganzen Bevölkerungsgruppen sind der Nährboden und die Vorstufe zur weiteren Eskalation. „Dazu sagen wir laut und deutlich Nein!“.

Muslime und Juden stellen sich gegen Hass

Menschen, die zum Judentum und zum Islam gehören, wollen in Bremen und Bremerhaven in Selbstverständlichkeit friedlich leben. „Unsere Religionen und unsere Kulturen sind ein fester Teil der deutschen Gesellschaft und sollen als eine Bereicherung angesehen werden. Das wollen wir gemeinsam stärker in die Öffentlichkeit tragen, um bestehende Hemmschwellen und Vorurteile abzubauen“. Man dürfe die politische Krise zwischen zwei Völkern in Nahost nicht auf die hier lebenden Menschen übertragen. Das wäre eine „fatale Missachtung und Entmenschlichung“ der Lebenswirklichkeit.

Aus diesem Grund rufen die Unterzeichner „alle Mitbürgerinnen und Mitbürger auf, unserem Beispiel zu folgen und sich gegen jegliche Art von Hass, Hetze und Fremdenfeindlichkeit entgegenzustellen und sich aktiv für den Frieden hier und jetzt einzusetzen“.

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Sowohl antisemitische Parolen vor einer Gelsenkirchener Synagoge als auch antiarabischer Rassismus in proisraelischen Demonstrationen ist vor allem dem von deutschen Medien und Politikern gepflegten und propagierten Narrativ geschuldet, Israel und sein rassistisches Apartheidsregime mit Juden und dem Judentum gleichzusetzen. Dieses Narrativ ist falsch und gefährlich, weil es auf der einen Seite Antisemitismus reproduziert und auf der anderen Seite antiarabischen sowie antimuslimischen Rassismus. So lange dieses Narrativ nicht durchbrochen und in die Mülltonne entsorgt wird, werden alle Friedensaufrufe, so richtig und wichtig sie auch sind, irgendwann wieder verhallen und alles dreht sich wieder im Kreis. Um dieses Narrativ zu durchbrechen, müssen wir die Deutschen über den Nahostkonflikt aufklären, indem wir ihnen aus erster Hand vor Augen führen, was da unten wirklich abgeht und dass die Ursache des Nahostkonflikts die Besatzung, Unterdrückung und Vertreibung der Palästinenser ist. Zudem muss klargestellt werden, dass Israel und sein rassistisches Apartheidsregime weder die Juden noch das Judentum vertreten, sondern diese Begriffe für politische Zwecke missbrauchen. Wir müssen die Deutschen darüber aufklären, dass viele Juden sich gegen diese Gleichsetzung wehren und sich mit den Palästinensern weltweit solidarisieren. Dafür müssen auch die Deutschen bereit sein, ihre Schuldkomplexe bezüglich des Holocausts abzulegen und sich von den Medien und Politikern nicht mehr manipulieren zu lassen. Der Konflikt ist völkerrechtlich lösbar. Weil aber Israel das Völkerrecht missachtet, ist die Alternative, das ehemalige britische Mandasgebiet Palästina unter UN-Zwangsverwaltung zu stellen. Wer das nicht einsehen will, der ist vielmehr daran interessiert, sein Feindbild weiterzupflegen als an einer Lösung interessiert zu sein.
18.06.21
20:27