Rechtsextremismus und Rassismus sind nach Ansicht von Beratungsstellen und Forschungsinstituten während der Corona-Pandemie nicht schwächer geworden. Manche Probleme traten sogar deutlicher hervor, wie eine neue Publikation zu zeigen versucht.
Die Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in Thüringen ist nach Einschätzung von Demokratie-Initiativen und Forschungseinrichtungen im vergangenen Jahr auf einem hohen Niveau geblieben. Zu diesem Schluss kommen die Autoren der Publikation „Thüringer Zustände“, die am Dienstag in Jena vorgestellt wurde. „Die Gefahr, insbesondere aus rassistischen Gründen gewalttätig angegriffen zu werden, bleibt im Freistaat extrem hoch“, erklärte Frank Zobel von der Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt (ezra).
Auch die Bedrohung durch Antisemitismus ist nach Ansicht von Axel Salheiser vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) akut. „Er äußert sich häufig in der Zerstörung, Beschädigung oder Schändung von Gedenkorten, -zeichen oder -initiativen sowie der absichtlichen Störung von Gedenkfeiern, die an die nationalsozialistischen Verbrechen erinnern“, so Salheiser, der wie Zobel Mitautor der neuen Publikation ist.
Sie wird herausgegeben vom IDZ, ezra, der mobilen Beratung Mobit sowie dem Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Friedrich-Schiller-Universität Jena und dem IDZ (KomRex).
Die Aufsatzsammlung blickt auf das Jahr 2020 – und damit auf das erste Jahr der Pandemie in Deutschland und Thüringen. In einem Aufsatz weisen die Autoren unter anderem auf neue Alltagserfahrungen mit antiasiatischen Rassismus hin. In einem anderen Text geht es um die Thüringer Neonazi-Struktur und die Versuche der extrem rechten Szene, die Corona-Pandemie zu nutzen, um ihre Ideologie zu verbreiten und zu mobilisieren.
„Uns war wichtig, die radikal handelnden Akteure zu benennen und ihre Strategien offen zu legen“, sagte Salheiser. Im Zuge der Corona-Pandemie seien einige Problemlagen verdichtet worden und „besonders dramatisch hervorgetreten“. Dazu zählten etwa geschichtsrevisionistische Bezüge von Gegnern der Corona-Politik bei Demonstrationen. Vergleiche der Corona-Politik etwa mit dem Holocaust seien antisemitisch und bedienten ein „Widerstands- und Notwehrnarrativ“, das aus der rechten Szene stamme. (dpa/iQ)