Antimuslimischer Rassismus

Neues Meldeportal für antimuslimische Vorfälle

Islamfeindliche Vorfälle ereignen sich täglich in Deutschland. Im Juli soll die erste bundes­weite Erfassung von antimus­li­mi­schen Diskri­mi­nie­rungen und Übergriffen starten.

23
06
2021
Claim stellt Meldeportal für antimuslimische Vorfälle vor © Claim, bearbeitet by iQ
Claim stellt Meldeportal für antimuslimische Vorfälle vor © Claim, bearbeitet by iQ

Ein neues bundesweites Meldeportal soll antimuslimische Diskriminierungen und Übergriffe besser sichtbar machen. Betroffene und Zeugen können online unter i-report.eu etwa Gewalttaten, Angriffe auf Moscheen, Drohbriefe, Schmierereien, Beleidigungen oder Diskriminierungen bei der Job- und Wohnungssuche melden, wie die Initiatoren des Portals von der Claim Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit am Mittwoch in Berlin erklärten.

Am Donnerstag startet die bis zum 1. Juli laufende Aktionswoche gegen antimuslimischen Rassismus.

Antimuslimisch motivierte physische und psychische Übergriffe und Diskriminierungen ereigneten sich täglich in Deutschland, hieß es. Die Sicherheitsbehörden erfassten 2020 bundesweit allein 1.026 islamfeindliche Straftaten. Experten gehen von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus, da viele Vorfälle von Betroffenen gar nicht erst zur Anzeige gebracht würden.

Es fehlt an Ansprechpartner und Meldestellen

„Um Ursachen zu bekämpfen und Betroffene schützen zu können, benötigen wir Klarheit über das tatsächliche Ausmaß“, sagte Claim-Projektleiterin Rima Hanano. Eine niedrigschwellige Meldemöglichkeit stelle dazu einen ersten sehr wichtigen Schritt dar. Die über das Portal erfassten Fälle sollten künftig um Daten von Beratungsstellen ergänzt und systematisch ausgewertet werden. Um Betroffene sofort unterstützen und schützen zu können, müssten aber Anlaufstellen flächendeckend ausgebaut werden, forderte Hanano.

„Oft fehlt es auch an niedrigschwelligen Ansprechpartner*innen und Meldestellen vor Ort“, erklärt Yusuf Sarı, Projektkoordinator von Brandeilig.org. Für viele Betroffene stelle die Anzeige oder die Meldung einer diskriminierenden Erfahrung keine Entlastung, sondern eine zusätzliche Belastung dar. „Die Angst vor negativen Konsequenzen und geringe Aussichten auf Erfolg spielen dabei auch eine große Rolle. Betroffene müssen sich also erst dazu „überwinden“ und viel Eigeninitiative zeigen, bevor sie sich melden und jemandem anvertrauen können“, so Sarı abschließend.

Seit dem 1. Juli 2019 hat die „#brandeilig– die Initiative für Moscheeangriffe“ in Köln ihre Arbeit aufgenommen. Brandeilig.org ist eine Initiative von FAIR international e.V. und hat es sich zum Ziel gemacht, insbesondere diese Form vom antimuslimischen Rassismus sichtbar zu machen. „Wir möchten die Gesellschaft dafür sensibilisieren und eine Erinnerungskultur schaffen“, erklären die Verantwortlichen auf ihrer Webseite. Jeder Angriff auf ein Gotteshaus sei einer zu viel.

1402 islamfeindliche Vorfälle in Österreich

Das Meldeportal startet zunächst mit einer Erprobungsphase in Deutschland und Österreich. Als nächster Schritt ist geplant, die Eingabe von Fällen auch auf Englisch, Arabisch, Türkisch und Kurdisch zu ermöglichen. In Österreich verzeichnete die dortige Dokumentations- und Beratungsstelle Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus im vergangenen Jahr 1402 Fälle von antimuslimischen Diskriminierungen, Beleidigungen und Übergriffen. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Vera sagt:
Bei diesem Meldeportal könnten vielleicht auch antijüdische Vorfälle mit angezeigt werden? Denn antijüdischer Rassismus ist keinesfalls weniger schlimm. Da wäre der Brandanschlag von Anfang Juni auf die Synagoge in Ulm wichtig und erwähnenswert. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart läßt jetzt per Haftbefehl nach einem 45-jährigen türkischen Staatsangehörigen - auch über Landesgrenzen hinweg - fahnden, da sich der als mutmaßlicher Täter in die Türkei abgesetzt hat. Der baden-württembergische Ministerpräsident Kretschmann hat diesen Brandanschlag verurteilt und sprach von einer "niederträchtigen Tat, die das heimtückische Gesicht des Antisemitismus zeige." Jeder Angriff auf ein Gotteshaus ist einer zu viel. Da kann ich nur zustimmen.
25.06.21
16:41