BADEN-WÜRTTEMBERG

Debatte um verweigerte Lehrerlaubnis – Stiftung plädiert für Sachlichkeit

Im Sachverhalt um die verweigerte Lehrerlaubnis für einen Freiburger Islamwissenschaftler appelliert die Stiftung Sunnitischer Schulrat zur Versachlichung der Debatte und einer korrekten Berichterstattung.

09
07
2021
Symbolbild: Stiftung, Vertrag © shutterstock
Symbolbild: Stiftung, Vertrag © shutterstock

Der Streit um die verweigerte Lehrerlaubnis für den Freiburger Islamwissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi dauert an. In einer Stellungnahme plädiert der Vorstand der Stiftung Sunnitischer Schulrat nun für eine faktenorientierte und sachlich korrekte Berichterstattung. „Letztlich geht es darum, im Rahmen der religionsverfassungsrechtlichen Vorgaben, die eine Qualität der Ausbildung der Lehrkräfte zu sichern, die später muslimische Kinder unterrichten“, heißt es in der Stellungnahme. Dabei würden selbstverständlich auch die Interessen der Hochschulen, der Dozierenden und der Studierenden mitberücksichtigt. 

Was geschah?

Ourghi, bekannt für seine umstrittenen Thesen, bildet seit etwa zehn Jahren an der Pädagogischen Hochschule Freiburg (PH) Lehrer für den islamischen Religionsunterricht aus. Doch im Mai lehnte die Stiftung Sunnitischer Schulrat seinen Antrag auf eine Lehrerlaubnis ab. Ourghi vermutet ideologische Gründe dahinter und kündigt an, gegen eine negative Entscheidung juristisch vorzugehen.

Einen ersten Antrag Ourghis hat die dafür zuständige Stiftung Sunnitischer Schulrat zuletzt abgelehnt. Die Entscheidung wird nun nach dem Einspruch Ourghis von einer Schiedskommission geprüft. Wann die mit drei Personen besetzte Kommission entscheidet, ist unklar.

Stiftung dementiert Vorwürfe

Die Stiftung wehrt sich gegen die Vorwürfe: Die Voraussetzungen zur Erteilung der Lehrbefugnis sähen vor, dass Anwärter einen Nachweis über ein erfolgreich abgeschlossenes Lehramtsstudium im Fach „Islamische Theologie/Religionspädagogik“ vorweisen können, heißt es in einer Stellungnahme. Ourghi hat diese Fächer nicht studiert.

Auch betont die Stiftung, dass für die Erteilung der Lehrbefugnis keineswegs eine Zugehörigkeit zu bestimmten Gemeinschaften Voraussetzung sei. Die Konstruktion der Stiftung gehe auf die Initiative des Landes Baden-Württemberg zurück.

Kultusministerium: Lehrerlaubnis Sache der Stiftung

Das Kultusministerium betonte auf Anfrage, es sei ein wichtiges Anliegen, den islamischen Religionsunterricht im Land weiter auszubauen. In den Streit um die Lehrerlaubnisse wolle man sich aber nicht einschalten. Die Vergabe sei „originäre Aufgabe“ der Stiftung, so ein Ministeriumssprecher.

Auch gebe es „keinerlei Anlass zur Besorgnis, dass im Vorstand radikale, extremistische oder in sonstiger Weise problematische Ansichten vorhanden wären“, so der Sprecher. Vielmehr nehme die Regierung Entscheidungen der Stiftung als „umsichtig und rechtlich nicht zu beanstanden wahr“. Die Zusammenarbeit sei „sehr gut und konstruktiv“.

Umstrittene Stiftung

Der Islamunterricht in Baden-Württemberg wird seit dem Schuljahr 2019/20 auf der Grundlage einer Stiftung fortgeführt. Vor der Gründung wurde das Stiftungsmodell innermuslimisch stark diskutiert und kritisiert. Nur zwei von vier islamischen Religionsgemeinschaften haben sich für eine Beteiligung an der Stiftung ausgesprochen. Eingerichtet wurde die Stiftung auf Basis eines im Juli 2019 geschlossenen Vertrags zwischen Baden-Württemberg und dem Landesverband der Islamischen Kulturzentren Baden-Württemberg (LVIKZ) und die Islamische Gemeinschaft der Bosniaken in Deutschland.

Die DITIB und die IGBW hatten dem Land vorgehalten, eine staatliche Einrichtung zu schaffen, um Religionsunterricht zu erteilen. Das sei verfassungswidrig. „Dieses Modell hebelt die Neutralitätspflicht des Staates aus und greift massiv in die Religionsfreiheit und in das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ein“, hieß es in einer Pressemitteilung.

Derzeit nehmen landesweit rund 6.000 Mädchen und Jungen an 86 Schulen am islamischen Religionsunterricht teil. Künftige islamische Religionslehrerinnen und -lehrer werden derzeit an den Pädagogischen Hochschulen Freiburg, Karlsruhe, Ludwigsburg und Weingarten ausgebildet. Im Wintersemester 20/21 waren hier rund 200 Studierende eingeschrieben. Zudem gibt es an der Universität Tübingen etwa 100 Studierende im Fach „Islamische Religionslehre.“ (KNA, dpa, iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Dass Sektenmitglieder wie Ourghi - abgesehen von fehlenden Qualifikationen - sich als Lehrpersonen nicht eignen, versteht sich von selbst. Auch wenn die Anhänger des Dajjal das anders sehen und Druck ausüben mögen. Dass das eines Tages vor Gericht gegen sie verwendet werden kann, kommt ihnen wohl nicht in den Sinn.
10.07.21
15:04
Johannes Disch sagt:
Ourghi vertritt keineswegs umstrittene Thesen, sondern einfach welche, die islamistischen Harlinern nicht passen. Er vertritt diese Thesen nicht nur, sondern weist ihre Gültigkeit auch empirisch nach. So macht er deutlich, dass es im Islam keine Kopftuchpflicht gibt. Der Vorfall zeigt, dass Einrichtungen wie islamische Stiftungen nicht geeignet, islamischen Religionsunterricht zu organisieren. Ourghi ist keineswegs ein "Sektenmitglied" (Dilaver Celik, 10.07.21, 15:04), sondern ein respektabler Wissenschaftler. Abdel -Hakim Ourghi ist ausgebildeter Islamwissenschaftler und Religionspädagoge. Seit 2011 leitet er den Fachbereich "Islamische Theologie/Religionspädagogik" an der Pädagogischen Hochschule Freiburg.
11.07.21
18:11
Johannes Disch sagt:
Es ist offensichtlich, dass hier ein liberaler islamischer Theologe von fundamentalistischen Verbänden mundtot gemacht werden soll. Das alles erinnert an den Fall von Mouhanad Khorchide. Und das geschieht auch noch mit Unterstützung der Landesregierung von BW. Na ja, das muss bei einem grünen MP-- dem füheren Marxisten Winfried Kretschmann -- auch nicht wundern. Die konstruierte "Stiftung Sunnitischer Schulrat" ist wohl verfassungswidrig, da sie dem staatlichen Neutralitätsgebot widerspricht. Ourghi hat angekündigt, bei einer negativen Entscheidung juristisch durch alle Instanzen gehen. Gut so. Da zeigt einer Rückgrat.
11.07.21
19:58
grege sagt:
Hier tritt wieder das Dilemma auf, dass islamische Organisationen sowohl von despotischen Regimen wie Iran oder die Türkei fremdgesteuert sind sowie in extremistische Vorfälle verstrickt sind. Die islamischen Verbände haben sich zu einem Sammelbecken von türkischen Rechtsextremisten sowie Islamisten unterschiedlicher Glaubensrichtungen entwickelt. Leider glänzen hierzulande führende Politiker mit einer fatalalen Blauäugigkeit, die Cem Özdemir zu dem Kommentar hinreißen ließ, dass Erdowahn hier im Klassenzimmer regieren darf. Ein Abbild dieser Entwicklung stellt mein Vorkommentator mit seinen hasserfüllten Botschaften gegenüber Juden und Homosexullen dar.
11.07.21
22:05
Dilaver Çelik sagt:
Johannes Disch, Ihre antimuslimisch-rassistischen Ausführungen in Verbindung mit der ständigen Bevormundung von Muslimen zieht hier nicht. Niemand wird nach Ihrer Pfeife tanzen. Muslime erst recht nicht. Suchen Sie sich einen anderen Ort wo Sie Ihren Kontrollwahn ausleben können.
13.07.21
12:11
Johannes Disch sagt:
@grege (11.07.21, 22:05) Sie bringen das Problem auf den Punkt. Die deutsche Islampolitik ist gekennzeichnet durch eine fatale Mischung aus Wunschdenken, Unwissenheit und Ignoranz. Das fing schon an mit der "Deutschen Islamkonferenz." Waren zu Beginn noch kritische Stimmen dabei, so wurden diese auf Druck der etablierten Islamverbände ausgeladen. Das hat sich mittlerweile wieder ein bisschen zum besseren verändert. Was bekenntnisorientierten Religionsunterricht betrifft, da steckt der deutsche Staat in einem Dilemma. Er muss neutral bleiben und braucht folglich einen institutionellen Ansprechpartner. Das deutsche Staatskirchenmodell ist auf den Islam aber nicht übertragbar. Also konstruierte man eine Stiftung ("Sunnitischer Schulrat"). Von Anfang an wurde befürchtet, was jetzt eintrifft: Dass dieser Rat unliebsame Lehrkräfte nicht einstellt und los werden will. Es ist wie mit den großen Islam-Verbänden: Diese wollen ihre Verbindung zu den Mutterorganisationen in in den Herkunftsländern (Türkei für die DITIB, Iran für das IZH) nicht trennen. Und sie wollen vor allem keinen reformorientierten liberalen Islamunterricht, sondern einen fundamentalistischen Islam etablieren. Diese Verbände wie auch dieser "Rat" sind nicht Elemente der Integration, sondern der Segregation und etablieren Parallelgesellschaften. Die Islam-Verbände sind hauptverantwortlich für die Probleme, die es bei der Integration von Muslimen gibt. Dieses Dilemma wird für den deutschen Staat aber nur schwer zu lösen sein. Bayern versucht einen Alleingang und bietet Islamunterricht ohne Kooperationspartner an, was Bayern umgehend Klagen eingebracht hat, nicht nur von den üblichen Verdächtigen (Islam-Verbände), sondern auch von säkularen Organisationen wie der atheistischen "Giordano-Bruno-Stiftung" und dem "Humanistischen Pressedienst Deutschland", die durch das Bayerische Modell die staatliche Neutralitätspflicht verletzt sehen, womit sie wohl richtig liegen dürften. Wie gesagt, ein Dilemma! Aber auch die Stiftung "Sunnitischer Schulrat" könnte den Tatbestand der Verfassungswidrigkeit erfüllen, da er vom Staat-- vom Land BW-- konstruiert wurde. 20 Jahre deutsche Islampolitik. Und man ist keinen Schritt weiter.
13.07.21
12:24