Hessen

Verfassungsschutzbericht: Größte Gefahr durch Rechtsextremismus

Laut dem Verfassungsschutzbericht geht die größte Gefahr für die Gesellschaft in Hessen vom Rechtsextremismus aus. Die Szene fühle sich im Aufwind. Deshalb müsse es unmissverständliche Stoppsignale geben.

31
08
2021
Rechtsextremismus, Feindeslisten, Neonazi, Verfassungsschutz
Symbolbild: Rechtextremismus © by Matthias Liffers auf Flickr (CC BY 2.0), bearbeitet islamiQ

Verfassungsschutzpräsident Robert Schäfer hat eindringlich vor den Gefahren des Rechtsextremismus und einer Zunahme von Gewalttaten in Hessen gewarnt. „Wir müssen mit Anschlägen rechnen, denen eine Selbstradikalisierung der Täter im Internet vorausgeht“, sagte Schäfer am Dienstag in Wiesbaden bei der Präsentation des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2020. Es gebe beim Rechtsextremismus eine Tendenz hin zu mehr Einzelaktivisten, die sich nicht in Gruppen, sondern im kleinsten Familienverbund oder im engsten und sehr vertrauten Freundeskreis organisierten.

Das Personenpotenzial gewaltorientierter Rechtsextremisten habe im Jahresvergleich auf 860 Personen erneut zugenommen. Das Landesamt für Verfassungsschutz schätze mehr als die Hälfte der Rechtsextremisten als gewaltbefürwortend, gewaltunterstützend, gewaltbereit oder gewalttätig ein. „Unsere Erkenntnisse unterstreichen, dass sich Rechtsextremisten im Aufwind fühlen“, erklärte Schäfer. „Sprache und Habitus strotzen dabei teilweise von einem Selbstbewusstsein, dem der
Staat und die Zivilgesellschaft, wann immer es möglich ist, unmissverständliche Stoppsignale entgegensetzen müssen.“

Ein Grund für diese Entwicklung sei, dass sich der Rechtsextremismus gesellschaftlich nicht mehr komplett ausgegrenzt, sondern teilweise akzeptiert fühle und gerade in sozialen Netzwerken und
Onlineforen Zuspruch erhalte. Mitunter sei „ein erstarkter missionarischer Eifer“ der rechtsextremistischen Szene festzustellen, berichtete der Präsident. Dieser zeige sich in intensivierten Internetaktivitäten, aber auch in klar umrissenen Projekten.

Extremistische Gewalttaten haben sich verdoppelt

Die Zahl extremistischer Gewalttaten insgesamt stieg in Hessen im vergangenen Jahr stark an. 79 Taten seien im Jahr 2020 registriert worden, sagte Innenminister Peter Beuth (CDU). Das entspricht fast einer Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr, als 41 extremistische Gewalttaten gezählt wurden. Das extremistische Personenpotenzial in Hessen wurde auf 13.475 Menschen beziffert (plus 40 Personen).

Die rechtsextremistischen Gewalttaten nahmen demnach deutlich zu und stiegen nach dem Bericht von 31 im Jahr 2019 auf 42. Zu einer dieser Taten zählte auch der rassistisch motivierte Terroranschlag in Hanau, bei dem neun Menschen erschossen wurden. Einen sehr starken Zuwachs von extremistischen Gewalttaten habe es auch im Linksextremismus gegeben. Von fünf Taten im Jahr 2019 sei ein Anstieg auf 34 Taten im vergangenen Jahr registriert worden. Alleine 31 Taten seien in Zusammenhang mit den gewalttätigen Protestaktionen wegen des Ausbaus der Autobahn 49 in Mittelhessen aufgetreten.

Rechtsextremisten nutzen Corona-Proteste

Deutlich geworden sei, dass auch im Zusammenhang mit diesen legitimen
Umweltschutzprotesten gewaltorientierte Extremisten in Erscheinung treten und Straf- sowie Gewalttaten begehen können, erklärten Beuth und Schäfer. Viele Aktivisten im Dannenröder Wald hätten sich etwa mit Rasierklingen die Fingerkuppen eingeritzt oder diese verklebt, um die Feststellung ihrer Identität zu verhindern und sich so der Strafverfolgung zu entziehen.

Beuth und Schäfer verwiesen auch auf die Protestaktionen gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen, die Rechtsextremisten, Angehörigen der Reichsbürgerszene sowie Verschwörungstheoretikern Anknüpfungspunkte geboten hätten. „Wer sich unter dem Deckmantel von Meinungs- und Demonstrationsfreiheit positioniert, um den Staat zu delegitimieren, ist ein Staatsfeind und muss als solcher auch mit allen Mitteln der wehrhaften Demokratie bekämpft werden“, betonte der Innenminister. (dpa, iQ)

Leserkommentare

Dilaver Çelik sagt:
Man kann hier im Kommentarbereich den regelrechten missionarischen Eifer des braunen Gesindels - das schlimmer ist als die Mörder von Samuel Pathy, Würzburg, Hanau sowie Afghanistan - einsehen, wo sie Muslimen und Ausländern ein schlechtes Gewissen sowie Schuldgefühle einreden wollen. Solche Leute hier in Zukunft zu sperren ist die klügste Entscheidung. Dann können sie ihren psychologischen Kleinkrieg woanders austragen.
31.08.21
16:04
Vera sagt:
Sollte man nicht aus Gründen der Ausgewogenheit gerade auch auf Gefahren durch Islamextremismus eingehen, die im genannten Verfassungsschutzbericht mit aufgeführt sind? Zum diesbezüglichen Extremismus in Hessen gibt es nämlich ein eigenes Islamismus-Kapitel, das ebenfalls beachtet werden sollte. Und dieser Szene müssen auch unmissverständliche Stoppsignale angezeigt werden, damit sie sich nicht im steilen Aufwind wähnt.
01.09.21
5:10
Johannes Disch sagt:
Die größte Gefahr geht vom islamistischen Terrorismus/Extremismus aus.
06.09.21
12:01
Johjannes Disch sagt:
@Dilaver Celik Wie Sie den grausamen Mord an Samuel Paty relativieren, das ist nur noch abstiossend. Wir haben in Deutschland kein Integrationsproblem. Wir haben ein Anpassungsproblem. Muslime, die sich nicht anpassen wollen an unsere Werte und unseren Lebensstil. Das Gejammer, ihr würdet hier unter Rassimsu leiden, ist fadenscheinig. Nirgends geht es such besser als bei uns. Und wem es hier nicht passt, der darf gerne wieder gehen.
06.09.21
14:40