Berlin

NSU flog vor zehn Jahren auf: Experten sehen offene Fragen

Zehn Jahre nach dem Auffliegen der NSU-Morde sind Angehörige und Beobachter enttäuscht wegen vieler ungeklärter Fragen. Hoffnung auf eine lückenlose Aufklärung hätten die Hinterbliebenen mittlerweile aufgegeben.

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NSU-Untersuchungsausschuss
Symbolbild: NSU-Opfer © Facebook, bearbeitet by iQ.

Zehn Jahre nach dem Auffliegen der rechtsextremen NSU-Terrorzelle bleibt bei Angehörigen und Beobachtern Enttäuschung über ungeklärte Fragen rund um die Mordserie. In Bezug auf die Rolle des V-Mann-Führers Andreas Temme in Hessen seien viele Fragen offen, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, am Donnerstag in einer Diskussion zu den NSU-Morden in Berlin, organisiert vom Mediendienst Integration. Auch das Motiv für den Mord an der Polizistin Michelle Kiesewetter sei nicht klar. Temme hielt sich während der Ermordung des Kasseler Internetcafé-Betreibers Halit Yozgat 2006 in dessen Café auf, will aber nichts gesehen oder gehört haben.

Haldenwang zeigte sich zuversichtlich, dass sich so etwas wie die NSU-Mordserie mit den heutigen Methoden und Arbeitsweisen der Sicherheitsbehörden nicht wiederholen könnte. Die verschiedenen Behörden in Bund und Ländern „saßen zum Teil auf den ihnen vorliegenden Informationen“, daher seien Verbindungen damals nicht erkannt worden.

Hinterbliebene geben Hoffnung zur lückenlosen Aufklärung auf

Die Anwältin Seda Başay-Yıldız sagte, ihre Mandanten rechneten nicht mehr mit einer lückenlosen Aufklärung, sie hätten resigniert. Sie hatte im Münchner NSU-Prozess als Nebenklageanwältin Angehörige des ersten Mordopfers der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) vertreten. Başay-Yıldız warf dem Verfassungsschutz vor, Informationen zurückzuhalten und die vollständige Aufklärung nicht voranzutreiben. Başay-Yıldız kritisierte, es gebe viele Lippenbekenntnisse von Politikern und Behörden, doch vieles, was im Ermessen der Behörden liege, sei nicht im Sinne einer aktiven Aufklärung umgesetzt worden.

 

Beate Zschäpe hatte mit ihren Freunden Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fast 14 Jahre im Untergrund gelebt. In dieser Zeit ermordeten die Männer acht türkischstämmige und einen griechischstämmigen Kleinunternehmer sowie eine Polizistin. Am 4. November 2011 nahmen sie sich wohl das Leben, um nach einem Bankraub der drohenden Festnahme zu entgehen. Zschäpe zündete die gemeinsame Wohnung an, verschickte ein Bekennervideo und stellte sich. 2018 verurteilte das Oberlandesgericht München Zschäpe, die einzige Überlebende des Neonazi-Komplexes, als Mittäterin zu lebenslanger Haft bei besonderer Schwere der Schuld. (dpa, iQ)