Im Mai veröffentlichte die „Dokumenationsstelle Politischer Islam“ einen umstrittenen Grundlagenbericht über die islamischen Föderationen. Diese weisen in einer Stellungnahme auf fahrlässige Fehler hin und fordern eine unabhängige Prüfung.
Die Islamischen Föderationen in Österreich, ein Zusammenschluss von islamischen Gemeinschaften, haben den im Auftrag der Integrationsministerin Susanne Raab erstellten Grundlagenberichtder „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ einer Prüfung unterzogen und kommen in ihrer heute veröffentlichten Stellungnahme zu einem deutlichen Urteil. „Es ist unabdingbar, die Arbeit der ‚Dokumentationsstelle‘ von unabhängigen Experten überprüfen zu lassen. Der Bericht über die Islamischen Föderationen ist fernab jedweder Sachlichkeit“, erklärt Abdi Taşdöğen, Vorsitzender der Islamischen Föderationen in Österreich in einer Pressemitteilung.
Ende Mai hatte die österreichische Integrationsministerin Susanne Raab die Ergebnisse der „Dokumentationsstelle Politischer Islam“ vorgestellt. Diese sorgten für viel Kritik. Denn auf Grundlage dieser Berichte sollen weitreichende und bedeutende politische Entscheidungen getroffen werden. In einem dieser Grundlagenberichtegeht es um die islamischen Föderationen in Österreich und um die „Milli Görüs“.
„Entgegen der auf der Pressekonferenz mehrmals von der Ministerin beteuerten Wissenschaftlichkeit, handelt es sich bei dem ‚Grundlagenbericht‘ keinesfalls um einen wissenschaftlichen Blick auf die Islamischen Föderationen. Im Gegenteil, das Papier wurde weder objektiv noch ergebnisoffen verfasst, sondern ganz offensichtlich auf ein ganz bestimmtes – vermutlich politisch erwünschtes – Ergebnis hin ausformuliert“, kommentiert Taşdöğen die Berichte.
In dem Grundlagenberichtwürden nicht nur wissenschaftliche Mindeststandards missachtet, sondern auch zahlreiche grobe Fehler begangen, die sich schon nach einer oberflächlichen Begutachtung geradezu aufdrängten. Selektives, sinnentstelltes Zitieren sowie Weglassen von Informationen, die das erwünschte Bild infrage stellen würden, würden den gesamten Bericht prägen. „Was bei der Pressekonferenz als wissenschaftliche ‚Pionierarbeit‘ vorgestellt wurde, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein zusammengetragenes Sammelsurium veralteter Quellen, die teilweise mehrere Jahrzehnte alt sind, die aber dennoch ohne zeitliche Kontextualisierung auf das Heute übertragen wurden“, so Taşdöğen in der Mitteilung.
Hinzu kämen mehrere grobe Fehler, die man in diesem Ausmaß nicht erwartet habe. Näheres könne der erstellten Stellungnahme entnommen werden, welcher aufgrund der „Menge an Mängeln quantitativ länger ausgefallen“ sei als der Grundlagenbericht selbst.
Die islamischen Föderationen fordern Ministerin Susanne Raab auf, die Grundlagenberichte der Dokumentationsstelle von einem externen und unabhängigen Expertengremium untersuchen zu lassen und aus diesen Erkenntnissen Konsequenzen zu ziehen. Dies sei aus mehreren Gründen essentiell: „Zum einen sollte politisches Handeln nicht auf Grundlage falscher und mangelhafter Berichte erfolgen; zum anderen soll verhindert werden, dass die Öffentlichkeit falsch informiert wird über die Islamischen Religionsgemeinschaften in Österreich“, heißt es in der Mitteilung weiter.
Das gegenseitige Kennenlernen und Verständnis füreinander seien wichtig für den Zusammenhalt der österreichischen Gesellschaft. Dieser Zusammenhalt müsse mit allen Mitteln aufrechterhalten werden und dürfe nicht durch Fake News gespalten werden.
Die Dokumentationsstelle wehrte sich in einer Pressemitteilung gegen die Kritik. „Die heute von der Islamischen Föderation in ihrer Stellungnahme zum Grundlagenbericht der Dokumentationsstelle erhobenen Behauptungen sind sachlichem Dialog nicht förderlich“, heißt es in einer Pressemitteilung. Die Dokumentationsstelle Politischer Islam verwehre sich dezidiert gegen Versuche ihre Forschung und die Arbeit ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiter/innen als unlauter darzustellen.
Die Dokumentationsstelle begrüße eine kritische Auseinandersetzung in ihrem Forschungsbereich, fordere jedoch dazu auf, „eine Vereinnahmung der Wissenschaft zum Zwecke der Selbstdarstellung der Vereine und Organisationen zu unterlassen“ und sich einer offenen Debatte nicht zu verschließen.