Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität gibt es besorgniserregende Entwicklungen. Mehr als die Hälfte der Taten kommt aus der dem rechten Spektrum.
Das Bundeskriminalamt geht davon aus, dass die Zahl der als Gefährder eingestuften Rechtsextremisten weiter steigen wird. Die Polizeibehörden seien hier „immer noch in einem Aufholprozess“, sagte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Holger Münch am Donnerstag bei der Herbsttagung seiner Behörde.
Aktuell gelten bundesweit 75 Rechtsextremisten als Gefährder. Mehr als doppelt so viele Rechte werden als „relevante Personen“ eingeschätzt. Ende 2017 lag die Zahl der Gefährder aus dem rechten Spektrum noch bei weniger als 30 Personen. Als Gefährder bezeichnet die Polizei Menschen, denen sie schwere, politisch motivierte Gewalttaten zutraut – bis hin zu Terroranschlägen. Zum Kreis der „relevanten Personen“ zählt, wer in der Szene als „Führungsperson“ agiert.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten war im Jahr 2020 um 8,5 Prozent auf 44 692 Delikte angestiegen. Damit erreichte die politisch motivierte Kriminalität den höchsten Stand seit Einführung der Statistik im Jahr 2001. Über die Hälfte der erfassten Straftaten war rechtsmotiviert. Die Herbsttagung hat diesmal den Titel „Stabilität statt Spaltung: Was trägt und erträgt die Innere Sicherheit“.
Die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Anschlag auf die Synagoge in Halle und der Anschlag in Hanau seien rechtsextreme Terrorakte gewesen, die Deutschland „mitten ins Herz getroffen“ hätten, sagt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einem Grußwort. Sorge bereite ihm aber auch die zunehmende Radikalisierung unter Querdenkern und Corona-Leugnern.
Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der sich bei der Tagung wegen der Corona-Pandemie per Video aus Berlin zuschalten lässt, ist nur noch geschäftsführend im Amt. Seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger an der Spitze des Ministeriums gibt er zwei Aufgaben mit: Die neue Bundesregierung müsse sich mit dem zuletzt mehrfach beobachteten Phänomen des politisch motivierten Attentäters mit psychischer Vorbelastung intensiv beschäftigen.
Auch bei Messerattacken der vergangenen Jahre sei mehrfach zu beobachten gewesen, „dass es sich um Einzeltäter handelt und dass es sich um Personen handelt, die psychisch erkrankt sind und für schuldunfähig erklärt werden“, sagt Seehofer. Diesem Phänomen der Einzeltäterradikalisierung und der psychischen Erkrankungsmomente müsse man sich intensiver widmen – auch in Hinblick auf einen besseren Austausch von Sicherheits- und Gesundheitsbehörden. (dpa, iQ)