Eine internationale Jahrestagung des Rates für Migration widmet sich dem Thema Rassismus in europäischen Gesellschaften. Den Wissenschaftlern zufolge müsse Rassismus mit Gegenstrategien bekämpft werden.
Rassismus ist längst ein Top-Thema. 2020 haben wir in Deutschland so ausführlich darüber diskutiert, wie nie zuvor. Die Regierung hat sogar beschlossen, den Begriff „Rasse“ aus dem Grundgesetz zu streichen. Im Fokus der Black Lives Matter-Debatte stand 2020 antischwarzer Rassismus. Aber auch andere Formen von Rassismus haben in Europa Konjunktur.
Neben Antisemitismus gibt es eine Tradition von antislawischen, antimuslimischen, antimigrantischen rassistischen Praktiken, Gadjé-Rassismus, kolonialer Rassismus und weitere Formen. Deswegen widmet sich die internationale Jahrestagung des Rat für Migration vom 24. bis 26. November 2021 der Frage, was wir aus der europäischen Geschichte über diese Rassismen lernen können.
„Rassistische Bilder, Denkfiguren und Empfindungen sind tief in unserem Alltag verwurzelt“, sagt Prof. Yasemin Karakaşoğlu, Stellvertretende „Rassismus verurteilen reicht nicht. Man muss die Kontinuitäten verstehen und Gegenstrategien entwickeln.“ Vorsitzende des Rats für Migration. „Sie machen sich bemerkbar, wenn Menschen aufgrund der Wahrnehmung ihrer Körper, Religion, Namen oder Sprache als ‚nicht-zugehörig‘ identifiziert und abgewertet werden. Mitunter wird ihnen sogar ihr Existenzrecht in Deutschland abgesprochen. Wissenschaft, Politik und Pädagogik haben die Aufgabe, historische Kontinuitäten und gegenwärtige Zusammenhänge von Rassismus aufzudecken und Gegenstrategien zu entwickeln. Denn aus der europäischen Geschichte können wir lernen: von selbst erledigt sich das Problem nicht. Doch in letzter Zeit versuchen einige Akteure auch in Deutschland – nicht nur von Seiten eindeutig rechter politischer Kräfte – die notwendige Rassismuskritik als identitätspolitisch motiviert zu delegitimieren und als Ausdruck einer sog. ‚Cancel Culture‘ zu verunglimpfen.“
„Es ist wichtig, dass Rassismen nach vielen Jahren der Verharmlosung, des Wegsehens und der damit ermöglichten Konservierung rassistischer Routinen mehr und mehr gesehen werden“, sagt Prof. Paul Mecheril, ebenfalls Ko-Vorsitzender des Rats für Migration. „Spätestens durch die Reform des Staatsangehörigkeitsrechts hat sich Deutschland zu einem republikanischen Staatsangehörigkeitskonzept bekannt und die Migrationstatsache als gesellschaftliche Wirklichkeit anerkannt. So ist ein gesellschaftlicher Zusammenhang entstanden, in dem Menschen, die von Rassismus betroffen sind, diese Realität der Diskreditierung und Gewalt zunehmend zum Thema machen und Strukturen und Räume in Politik, Wissenschaft und Kultur schaffen, in denen das problematisiert wird.
Dabei ist jedoch wichtig, auch internationale Diskurse, die zum Teil deutlich ausdifferenzierter sind, aufzunehmen und mitzudiskutieren. Und genau dazu will die Konferenz einen Beitrag leisten, unter der Perspektive der politischen Bildung.“