„Ein türkischer Familienvater verheiratet seine Tochter“ – so beginnt eine Aufgabe aus dem Philosophieunterricht eines Siegburger Gymnasiums. Proteste türkischer Eltern ziehen eine Reaktion der Schulministerin nach sich.
Türkischstämmige Eltern haben gegen eine „klischeehafte Schulaufgabe“ in der Oberstufe eines Siegburger Gymnasiums protestiert. Die Aufgabenstellung lautete: „Ein türkischer Familienvater in Deutschland verheiratet seine Tochter ohne deren Einverständnis mit dem Sohn seines Bruders, um diesem eine Aufenthaltserlaubnis für Deutschland und damit eine Existenz zu sichern. Besprich die Situation mit deiner/m Tischnachbarin/Tischnachbarn. Welche Konflikte seht ihr darin?“
Viele türkischstämmige Eltern aus NRW und anderen Bundesländern seien fassungslos, dass die Aufgabe so gestellt worden sei, schrieb die Föderation Türkischer Elternvereine in NRW in einem Offenen Brief an Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Eine solche Art von Unterricht trage dazu bei, dass Klischees in den Köpfen der Schülerinnen und Schüler verfestigt würden.
Aus dem NRW-Schulministerium hieß es dazu am Montag: „Die konkrete Aufgabe, die Teil eines Schulbuches ist, verstößt gegen das Kriterium der Diskriminierungsfreiheit. Das Ministerium für Schule und Bildung wird das in Rede stehende Schulbuch darüber hinaus intensiv prüfen und den Verlag auffordern, das Schulbuch zu überarbeiten.“ Ministerin Gebauer sagte: „Die Haltung der Landesregierung ist glasklar: Schulen sind Orte des Miteinanders, an denen es keinen Platz für Ausgrenzung und Vorurteile in welcher Form auch immer gibt.“
Die Bezirksregierung Köln nahm die Schule dagegen in Schutz. Die Aufgabenstellung sei aus einem zugelassenen Schulbuch mit dem Titel „Zugänge zur Philosophie“ übernommen worden. Man bedaure, „dass ein im Unterricht verwendetes Material ohne jeglichen Kontext und vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen den Weg in die sozialen Netzwerke gefunden“ habe. Es sei in der Unterrichtsreihe gerade nicht um Vorverurteilungen und das Schüren von Ressentiments gegangen, sondern ganz im Gegenteil um die „Entwicklung eines kultursensiblen eigenen Sach- und Werturteils im Horizont philosophischer Ansätze“.
Die Schule schrieb auf ihrer Webseite, in der Schulstunde hätten sich Schülerinnen und Schüler mit Stigmatisierung auseinandersetzen und dies diskutieren sollen. „Dabei konnte der Eindruck entstehen, hier würden Stereotypen bewusst gegen eine Minderheit eingesetzt. Dies ist nicht der Fall, und es wird auch niemals der Fall sein. Dennoch entschuldigen wir uns bei allen, die sich dadurch verletzt fühlen könnten. Selbstverständlich war das weder die Absicht der Schule noch eines einzelnen Lehrers.“ (dpa/iQ)