Rassismus

Antimuslimischer Rassismus an Uni – Studierende setzen auf mehr Miteinander

Es passiert im Gespräch und im Lehrbetrieb: Auch an Hochschulen gibt es Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus. Dagegen engagieren sich Studierende – und blicken zugleich auf die gesamte Gesellschaft.

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02
2022
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Symbolbild: Universität Antimuslimischer Rassismus
Symbolbild: Universität, Hörsaal © Facebook, bearbeitet by iQ.

Diskriminierung auf dem Campus: Das erleben jüdische und muslimische Studierende immer wieder. Deshalb haben sich an manchen Hochschulen Initiativen als Anlaufstellen für Betroffene oder auch jüdische beziehungsweise muslimische Hochschulgruppen gegründet. Wie so ein Engagement aussehen und was Anfeindungen entgegengesetzt werden kann, darüber berichteten zwei Studierende am Mittwochabend auf einer Online-Veranstaltung des Dialogprojekts „Schalom Aleikum“ des Zentralrats der Juden in Deutschland.

„Eine Universität ist nicht frei von Diskriminierung“, sagte Bilal Torun von der Universität Hildesheim. Das geschehe im persönlichen Umfeld. Er erinnerte sich zugleich an Lehrveranstaltungen, in denen Stereotype über Muslime und die arabische Welt verbreitet und auch nach Interventionen nicht gestoppt wurden. Dozenten schafften damit Bilder, die oft nicht der Realität entsprächen. Dabei sei die muslimische Gemeinschaft in sich sehr vielfältig.

Das unterstrich auch Sana Kisilis von der Humboldt-Universität zu Berlin für die jüdische Gemeinschaft. Ebenso wie Torun berichtete sie darüber hinaus von Zuschreibungen durch die Mehrheitsgesellschaft und dass Menschen oft auf ihre jeweilige Identität reduziert würden. So würden Juden beispielsweise regelmäßig gebeten, zum Nahostkonflikt Stellung zu nehmen, obwohl sie in Deutschland lebten und vielleicht gar keine starken Bindungen an Israel hätten.

„Gemeinschaften sind nicht homogen“

Aus ihrer Sicht fehlt der Mehrheitsgesellschaft oft das Bewusstsein dafür, dass Gemeinschaften nicht homogen sind, dass es etwa säkulare und religiöse Juden gibt, deren Lebensweisen sich voneinander unterscheiden. „Das finde ich anmaßend.“ Kisilis empfahl, sich selbstbewusst von Fremdzuschreibungen zu lösen.

Hilfreich dafür – und auch gegen Antisemitismus beziehungsweise antimuslimischen Rassismus – können Initiativen sein: Torun und Kisilis haben jeweils eine muslimische und eine jüdische Hochschulgruppe mitgegründet. Sie dienen als Anlaufstellen für Betroffene, der Vernetzung, der Repräsentanz nach außen und dem Austausch. Etwa dann, wenn Klausuren an jüdischen Feiertagen geschrieben werden sollen oder wenn es um koscheres Essen auf dem Campus geht, wie Kisilis berichtete.

Torun sieht in der deutschen Gesellschaft viel Rassismus und mahnte daher strukturelle Lösungen an: „Man kann nicht alles als Einzelfälle behandeln.“ Auch müsse der Perspektive von Angehörigen einer Minderheit mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Speziell an Universitäten halte er Antidiskriminierungsstellen für hilfreich. Und in der Ausbildung von Lehrkräften müsse stärker für das Problem der Ausgrenzung sensibilisiert werden.

Muslime und Juden haben gemeinsame Probleme

Kisilis sprach von einer „Volkskrankheit“ und setzt auf persönliche Begegnungen, um Vorurteile abzubauen. Und auch darauf, die jeweiligen Gemeinschaften zu stärken. Mit Blick auf Juden und Muslime warb sie für intensivere „Allianzen“. Denn es gebe gemeinsame Probleme wie die Debatte über Beschneidungen von Jungen, Gebetsmöglichkeiten während der Arbeitszeit, das rituelle Schlachten von Tieren und das Bedecken des Haars bei religiösen Frauen. Wenn die Communities kooperierten, um Probleme anzupacken, könnten sie mehr bewirken.

Der Geschäftsführer des Zentralrats, Daniel Botmann, betonte: „Universitäten sind Austragungsorte für gesellschaftliche Debatten.“ Der jüdisch-muslimische Dialog sei ein bedeutendes Thema. Daher sei es wichtig, zueinander zu finden. „Man muss viel mehr und viel intensiver miteinander sprechen“, so Botmann – auch, wenn das angesichts von durchaus existierenden Meinungsverschiedenheiten nicht immer bequem sei. (KNA, iQ)