Bonn

Annemarie Schimmel als „echte Brückenbauerin“ gewürdigt

Annemarie Schimmel wird zum 100. Geburtstag als bedeutendste nicht-muslimische Islamwissenschaftlerin des 20. Jahrhunderts gewürdigt.

07
04
2022
Annemarie Schimmel
Annemarie Schimmel

Die Universität Bonn hat die Islamwissenschaftlerin und Orientalistin Annemarie Schimmel (1922-2003) mit einem Festakt zum 100. Geburtstag gewürdigt. Als „echte Brückenbauerin“ bezeichnete der katholische Theologe Klaus von Stosch die Wissenschaftlerin am Donnerstag.

„Mit ihrem Namen verbindet sich die Bereitschaft, sich von anderen Religionen faszinieren zu lassen, anstatt Abgrenzung zu betreiben.“ Von Stosch leitet das neu gegründete „International Center for Comparative Theology and Social Issues“ (CTSI) an der Universität Bonn.

Das CTSI kündigte an, jährlich ein Annemarie-Schimmel-Fellowship ausschreiben zu wollen. Damit solle internationalen Wissenschaftlern aus dem Bereich der Komparativen Theologie ein Forschungsaufenthalt in Bonn ermöglicht werden. Im kommenden Jahr starte zudem die Annemarie-Schimmel-Lecture, die weltweit führende Experten des interreligiösen Dialogs nach Bonn bringen wolle.

Schimmel als bedeutendste nicht-muslimische Islamwissenschaftlerin

Schimmel gilt als bedeutendste nicht-muslimische Islamwissenschaftlerin des 20. Jahrhunderts. Sie verfasste über 100 Bücher und Artikel, vor allem über Mystik im Islam. Sie lehrte 25 Jahre lang an der Harvard University in den USA und war zuvor als erste christliche Professorin an der Fakultät für islamische Theologie der Universität in Ankara tätig. 1922 in Erfurt geboren, lernte Schimmel bereits als Jugendliche Arabisch. In Berlin studierte sie Arabistik und Islamwissenschaften und wurde im Alter von 19 Jahren promoviert. 2003 starb sie in Bonn.

1995 sorgte die Ehrung der Forscherin mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels für Wirbel. Damals sagte Schimmel über den Schriftsteller Salman Rushdie, er habe mit seinem Buch „Die Satanischen Verse“ auf „sehr üble Art“ die Gefühle von Muslimen verletzt. Rushdie war wenige Jahre zuvor von Terroristen eigenständig zum Tode verurteilt worden und stand jahrelang unter Polizeischutz. (KNA, iQ)

Leserkommentare

Johannes Disch sagt:
Eine fragwürdige Würdigung. Annemarie Schimmel hat nicht nur behauptet, Rushdie habe mit seinen "Satanischen Versen" die Gefühle von Muslimen verletzt, sondern sie äußerte auch Verständnis für die Fatwa, die ihn zum Tode verurteilte. Schimmel vertrat immer einen Schönwetter-Islam, der blind war für die politisch problematische Seite dieser Religion.
08.04.22
11:05
Abdullah F. Bubenheim sagt:
Angesichts der ständigen hetze gegen den Islam und der dämonisierung dieser religion ist es Annemarie Schimmels verdienst, auch dessen andere seite zu zeigen, nämlich seine mystische dimension. Diejenigen Muslime, die gewalt zur lösung von problemen wie der verspottung und verunglimpfung des Propheten ablehnen, gibt es wirklich, und sie sind keine kleine minderheit, aber den westlichen medien paßt es nicht, sie zu zeigen und hervorzuheben, solche die besonnen handeln und dem islamischen prinzip folgen, wonach es nicht erlaubt ist, gegen ein unrecht vorzugehen, wenn man damit selbst ein anderes und größeres unrecht begeht. Eigentlich müßte allen Muslimen bekannt sein, daß es besser ist, unrecht zu ertragen, wenn man es nicht abwenden kann, und daß man für dieses standhafte aushalten jenseitige belohnung erhält, während der satan stets versucht, die menschen zu gewaltausbrüchen und unüberlegtem handeln zu verführen. Diejenigen nichtmuslime, die auf Khomeinis fatwâ gegen Salman Rushdie verweisen, scheinen meist nicht zu bedenken, daß der Islam kein monolithischer block ist, und daß Khomeini für die meisten Sunniten keine autorität darstellt. Wie dem auch immer sein mag, offensichtlich haben die meisten abendländer die vorstellung, die massenbeleidigung von über einer milliarde menschen sei durch das recht auf freie meinungsäußerung zu rechtfertigen. Da wurde Rushdies roman, dem manche nichtmuslimische kritiker qualitätslosigkeit und niederes niveau bescheinigten, von den westlichen medien zum „kunstwerk“ erhoben. Ich selbst wohnte der veranstaltung bei, in der Annemarie Schimmels kollege Gernot Rotter sich in einem kaum beschreiblichen zornesausbruch erging, um aus dem genannten grund ihre ehrung aufs schärfste zu mißbilligen. Dadurch hat er sich m. e. selbst als sachlicher wissenschaftler disqualifiziert.
10.04.22
2:44