Eine katholische Klinik-Gruppe lehnte die Beschäftigung von Musliminnen mit einem Kopftuch ab. Studierende kritisierten diese Entscheidung. Im Streit um eine Lösung gab die Klinik nun nach.
Im Streit mit Medizin-Studierenden um das umstrittene Kopftuchverbot an ihren Kliniken hat die St. Elisabeth Gruppe (SEG) eingelenkt. Nach Diskriminierungsvorwürfen und harscher Kritik der Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat die katholische Klinik-Gruppe mit Sitz in Herne zugesagt, dass muslimische Frauen an ihren Häusern künftig Kopftücher tragen dürfen. Und nicht nur das: Die Krankenhaus-Gruppe, zu der auch das Marien-Hospital in Herne als Uni-Klinik gehört, will auf eigene Kosten weiße Kopftücher mit eigenem Logo selbst herstellen lassen und den Muslima bei der Arbeit zur Verfügung stellen.
Nach dpa-Informationen brachte ein Gespräch am vergangenen Montag zwischen Vertretern der Klinik-Gruppe, der Medizinischen Fakultät der Uni und des Fachschaftsrats (FSR) den Durchbruch. „Dort konnten wir schließlich mit der Geschäftsführung der SEG zum Konsens kommen, dass eine Einstellung von Mitarbeiterinnen mit Kopftuch den Werten einer modernen, weltoffenen Universitätsklinik entspricht“, sagte Emre Yavuz von der Medizin-Fachschaft am Mittwoch der dpa.
Die Einigung hatte die Klinik-Geschäftsführung schon am Dienstag in einem Schreiben an das Uni-Dekanat, das der dpa vorliegt, bestätigt. Darin hieß es: „Unter Bezugnahme auf das erfreuliche Gespräch des gestrigen Tages können wir Ihnen mitteilen, dass zukünftig Mitarbeiterinnen des muslimischen Glaubens ein weißes, viereckiges Tuch mit dem Logo der St. Elisabeth Gruppe im Dienst tragen dürfen.“
Die Medizin-Dekanin der Ruhr-Uni, Andrea Tannapfel, zeigte sich zufrieden. „Das Ruhrgebiet lebt vom Konsens – Danke an unsere Studierenden und die Krankenhäuser!“ Auch RUB-Rektor Martin Paul freute sich über die Lösung, „die zu den Werten der Ruhr-Universität Bochum wie Diversität, Toleranz und kulturelle Sensibilität passt“.
Laut Medizin-Fachschaft bietet sich nun auch kopftuchtragenden Musliminnen die Möglichkeit einer Anstellung und universitären Karriere an der SEG. Damit erhielten sie wichtige neue Karriereperspektiven.
Der Kopftuch-Zoff schwelte bereits seit fast einem Jahr, mehrere Gesprächs- und Einigungsversuche waren gescheitert. Zuletzt eskalierte die Auseinandersetzung, als eine 24-Jährige ein Ergotherapie-Praktikum an einem der Häuser der Gruppe abbrechen musste, weil sie in der Dienstzeit ein Kopftuch getragen hatte.
Zwar war die Betroffene keine RUB-Studentin, gleichwohl lautete die klare Forderung der Hochschule: Die SEG müsse sicherstellen, „dass dort eine Unternehmenspolitik hinsichtlich Diversität und Inklusion umgesetzt wird, die mit den Werten und Regularien der RUB im Einklang ist“. Zuvor hatten sich die Medizin-Studierenden unter anderem in einem Brief an die Chefärzte der Kliniken über mehrere Fälle von Diskriminierung muslimischer Frauen und das Kopftuchverbot beschwert.
Mitte März 2022 geriet die Klinik-Gruppe auch nach Medienberichten öffentlich so unter Druck, dass sie einen Kompromissvorschlag machte. Mit der „besonderen Kopfbedeckung“ als „Teil der Dienstkleidung“, die einer OP-Haube glich, stieß sie bei den Betroffenen allerdings auf offene Ablehnung. Nun ist der Streit wohl endgültig beigelegt. (dpa, iQ)