Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland betrachtet Antisemitismus einer Umfrage zufolge als weit verbreitetes Phänomen.
Eine Mehrheit der Menschen in Deutschland betrachtet Antisemitismus einer Umfrage zufolge als weit verbreitetes Phänomen. Demnach sind insgesamt 60 Prozent der Ansicht, dass Judenfeindschaft „eher“ beziehungsweise „auf jeden Fall“ weit verbreitet ist. Knapp zwei Drittel zeigten sich davon überzeugt, dass das Problem in den vergangenen zehn Jahren zugenommen habe. Die Ergebnisse der Allensbach-Repräsentativbefragung im Auftrag des American Jewish Committee (AJC) in Berlin wurden am Dienstag auf einer im Internet übertragenen Veranstaltung vorgestellt.
Die Umfrage unterstreiche darüber hinaus, dass Antisemitismus nicht allein ein Problem der politischen Ränder sei, erklärte der Direktor des AJC Berlin, Remko Leemhuis. Judenfeindschaft sei „tief verankert“ in der Mitte der Gesellschaft. Es könne nur davor gewarnt werden, Antisemitismus zum Gegenstand parteipolitischer Auseinandersetzungen zu machen. Demokratische Parteien sollten vielmehr zusammenstehen und ihn gemeinsam und entschlossen bekämpfen. Die Umfrage zeige, dass antisemitische Einstellungen unter AfD-Wählern besonders weit verbreitet seien, betonte Leemhuis.
Gesondert erhoben wurden Einstellungen von Muslimen. Ausschlaggebend dafür waren gegen Juden und Einrichtungen gerichtete Ausschreitungen im Zuge des Nahostkonflikts im Mai 2021 auch in Deutschland, wie Leemhuis erklärte. Die Umfrage verdeutliche, dass antisemitische Stereotype und Ressentiments stärker vertreten seien als im Durchschnitt der Bevölkerung. Wenn das Vorgehen gegen Judenfeindschaft erfolgreich sein solle, dürfe dieser Umstand nicht ausgeblendet werden – es bedeute aber nicht, dass Antisemitismus allein ein Problem der muslimischen Gemeinschaft in Deutschland sei.
Laut Umfrage halten 53 Prozent der Muslime Antisemitismus hierzulande für ein weit verbreitetes Phänomen. Etwa jeder Zweite denke, Judenfeindschaft sei in den vergangenen zehn Jahren gewachsen. Sowohl die Gruppe der Muslime (55 Prozent) als auch die Gesamtbevölkerung (52) in Deutschland seien sich einig darin, dass angemessen über Antisemitismus gesprochen werde. Nach Meinung von jeweils 17 Prozent wird zu viel darüber gesprochen.
Für die Online-Erhebung wurden vom 22. Dezember 2021 bis zum 18. Januar 2022 insgesamt 1.025 deutschsprachige Menschen ab 18 Jahre sowie 561 deutschsprachige Muslime befragt. Nach AJC-Angaben betrug der Anteil von Juden in der Stichprobe 0,5 Prozent. (KNA/iQ)