Hanau

Verfassungsschutz hatte keine Erkenntnisse zu Hanauer Attentäter

Der Hanauer Attentäter hatte sich verfolgt gefühlt. Er erstattete Strafanzeigen, suchte den Kontakt zum Verfassungsschutz und stellte eine „Botschaft an das deutsche Volk“ ins Internet. Doch den Verfassungsschützern blieb er unbekannt.

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05
2022
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Hanau KRM, Verfassungsschutz
Mahnwache in Hanau, Verfassungsschutz © Twitter, bearbeitet by iQ.

Vor dem rassistischen Anschlag von Hanau haben dem hessischen Verfassungsschutz keine Hinweise zu dem Täter vorgelegen. „Auch bei den anderen Verfassungsschutzbehörden gab es keine entsprechenden Erkenntnisse“, sagte der Präsident des Geheimdienstes, Robert Schäfer, am Montag im Untersuchungsausschuss des Landtags in Wiesbaden. Dies sei nachvollziehbar, das Vorfeld der Tat habe sich im Verborgenen abgespielt.

Verfassungsschutz: „Abschlussbericht kann nicht mehr lange dauern“

Es gibt nach seinen Worten auch nach wie vor keine Hinweise, dass der Rechtsextremist in einer extremistischen Szene eingebunden war. Er sei ein Anhänger einer rechtsextremen Ideologie gewesen, unklar sei jedoch, wie gefestigt diese Ansichten bei ihm gewesen seien. Der Abschlussbericht des hessischen Verfassungsschutzes zu der Tat liege bislang nicht vor. „Das kann aber nicht mehr lange dauern“, sagte Schäfer.

Der 43-jährige Rechtsextremist hatte am 19. Februar 2020 in Hanau neun Menschen aus rassistischen Motiven erschossen. Danach tötete er seine Mutter und sich selbst. Laut einer früheren Aussage eines Psychiaters in dem Ausschuss hatte er nach außen ein größtenteils normales Leben geführt, jedoch an einer paranoiden Schizophrenie gelitten. Im Laufe mehrerer Jahre meldete er etwa der Hanauer Polizei, er werde von einem Geheimdienst überwacht. Zudem versuchte er, Kontakt mit dem Verfassungsschutz und der damaligen Kanzlerin aufzunehmen.

„Mächtigsten Organisation der Welt“

Ende des Jahres 2019 schrieb er in einer 19-seitigen Strafanzeige, er werde von der „mächtigsten Organisation der Welt“ überwacht. Diese stellte er im Januar 2020, ergänzt mit rassistischen Anmerkungen, als „Botschaft an das deutsche Volk“, ins Internet. Im öffentlichen Teil seiner Anhörung im Untersuchungsausschuss am Montag gab Schäfer keine Auskunft darüber, nach welchen Kriterien der Verfassungsschutz nach Veröffentlichungen im Internet sucht und diese bewertet.

Als Zeuge soll in dem Untersuchungsausschuss nach Meinung zweier oppositioneller Landtagsfraktionen auch noch der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) gehört werden. Es werde ein gemeinsamer Antrag mit der SPD dazu gestellt, teilte die Fraktion der Linken mit. Beuth solle vor allem zu den Waffenerlaubnissen und dem nicht erreichbaren Notruf in der Tatnacht Auskunft geben.

Der Untersuchungsausschuss soll insgesamt klären, ob es vor, während und nach der Tat zu einem Behördenversagen gekommen war. Mehrere Angehörige der Opfer waren bereits in früheren Sitzungen gehört worden. (dpa/iQ)