Hinz und Kunst

„Ich möchte die Tiefen der Menschen berühren“

„Die Kunst ist frei“. Frei von Grenzen und Debatten. Muslimische Künstler nutzen diese Freiheit und machen deutlich: Wir gehören zu Deutschland. Heute mit Ozan Coşkun.

05
06
2022
Ozan Çoşkun © Privat, bearbeite by iQ
Ozan Çoşkun © Privat, bearbeite by iQ

IslamiQ: Kannst Du Dich vorstellen?

Ozan Coşkun: Ich bin das zweite Kind einer sechsköpfigen Familie, habe klassische Gitarre mit großen Meistern und Meisterinnen studieren dürfen, lebe derzeit in einem Dorf in Bayern und versuche mich zu finden.

IslamiQ: Was möchtest Du mit Deiner Arbeit bewirken?

Coşkun: Mir ist es ein persönliches Anliegen, die Tiefen der Menschen zu berühren und wenn möglich sie zu bewegen. Ich habe die Erfahrung gemacht, mich durch Musik besser mit Menschen verständigen zu können als mit Worten.

IslamiQ: Ist Dir Dein kultureller und/oder religiöser Hintergrund wichtig?

Coşkun: Religion und Kultur ist Identität. Ein Weg ohne Identität ist ein zielloser Pfad.

IslamiQ: Wie stark beeinflusst Deine Herkunft Dein künstlerisches Schaffen?

Coşkun: Es ist ein Lebensprojekt, sich mit dem eigenen Selbst zu verknüpfen. Es ist die Aufgabe eines jeden Künstlers sich bewusst und unbewusst beeinflussen zu lassen, sich mit seiner Vergangenheit und seiner Gegenwart auseinanderzusetzen, die authentische Stimme seiner selbst zu hören.

IslamiQ: Wirst oder wurdest Du wegen Deiner Kunst diskriminiert? Wenn ja, von wem und wie?

Coşkun: Meines Erachtens gehören Leid und Qual dazu! Selbst die Zeitwahrnehmung eines Menschen, der leidet, ist nicht die gleiche wie bei jemandem, dem es gut geht. Warum soll es für einen Künstler denn anders sein?

IslamiQ: Ist die Kunst wirklich frei? Wenn nein, was muss sich ändern?

Coşkun: Die Kunst ist nur so frei, wie wir sie verstehen, fühlen und wahrnehmen können. Unser Verständnis hingegen ist nur eine Reflexion, die nicht unbedingt immer den Tatsachen entsprechen muss. Eine leichte Änderung der Sichtweise kann manchmal neue Dimensionen öffnen, weshalb ich mir in engeren Zeitabschnitten diese drei Fragen stelle:

Wer bin ich?

Was will ich?

Wie kann ich es erreichen?

 

Leserkommentare

Marco Polo sagt:
Die Kunst ist frei. Frei von Grenzen und Debatten. Ozan Coskun wurde 1988 in Deutschland geboren. Wieso sollte er nicht zu Deutschland gehören? Können muslimische Künstler auch in streng islamisch beherrschten Ländern diese künstlerische Freiheit voll beanspruchen und ausleben? Oder nur in liberalen Staaten, wo der Islam nicht den Ton angibt? Ist ein von staatlichen Kontrollinstanzen islamischer Polit-Hierarchien überwachter Künstler wirklich frei?
08.06.22
20:13