Muslimische Figuren sind in Hollywood eine Seltenheit. Wenn sie mal auftauchen, sind es meist Terroristen oder Flüchtende. Die Superheldin Ms. Marvel ist da komplett anders – eine Wohltat.
Moschee, Prediger, Gläubige, Gebet – aber dann die jugendliche Superheldin Kamala Khan, die sich beschwert, dass man vom Frauenbereich der Moschee nur schlecht sehen könne. Der Prediger reagiert mit der Gelassenheit eines leicht genervten Grossvaters.
Kamala Khan ist eine 16-jährige pakistanisch-amerikanische Schülerin aus Jersey City, die Superhelden-Fanfiction schreibt, zeichnet und gerne Videospiele spielt: ein ganz normaler US-amerikanischer Nerd.
Das mit dem „normal sein“ ist vorbei, als sie plötzlich Superkräfte entwickelt. Durch einen magischen Armreif kann sie Dinge entstehen lassen kann. Eine übergrosse Faust zum Beispiel. Oder schwebende Scheiben in der Luft, auf denen sie gehen kann.
Kamala Khan alias Ms. Marvel ist die erste muslimische Superheldin des Verlagshauses Marvel. Die Comicvorlage gibt es seit 2013. In der Serie wird die Figur von der pakistanisch-kanadischen Newcomerin Iman Vellani gespielt, Muslimin und Fan der Comicvorlage. „Es hat mich einfach umgehauen, dass ein Superhelden-Comic das Fest des Fastenbrechens zum Thema hat“, erinnert sie sich im Interview mit dem „Hollywood Reporter“ an ihr erstes Leseerlebnis.
Chefautorin die Serie war die britisch-pakistanische Comedian und Autorin Bisha K. Ali, auch ein Fan der Comicvorlage. Aufgewachsen als Muslimin in London, nach den Anschlägen auf die World Trade Center, sei Islamfeindlichkeit immer wieder ein Thema für sie gewesen.
Die 32-jährige hoffe von „Ms. Marvel“, dass sie „Muslimen eine andere Möglichkeit gibt, in der Welt gesehen zu werden“. Sie und ihr Autorenteam haben sich darüber intensiv ausgetauscht.
Dem Team ginge es darum Tradition und Moderne nicht als gut oder schlecht darzustellen. Sie wollten Muslime demnach „liebevoll, mit verschiedenen Ansätzen, nuanciert, unterschiedlich, komplex, ganz und schön sehen. Das war eines unserer höchsten Ziele“, erklärte Bisha K. Ali der Filmseite „slashfilm.com“. Das Ziel werde erreicht, soweit man es nach zwei Folgen sagen kann. „Ms Marvel“ sei eine Komödie übers Erwachsenwerden.
Ein psychotischer Highschool-Direktor, ein Schuhdieb in der Moschee, ein viel zu hübscher Typ und Kamalas Bruder, der die ganze Familie nervt, weil er es mit den Gebeten übertriebt: Der Hauptgegner der Heldin sei das Leben, nicht ein Superkrimineller.
Das Ganze sei ein wunderbares, kulturelles Durcheinander, nicht frei von Klischees, die aber schnell gebrochen werde. Dazu ein cooler Soundtrack aus US-Pop und pakistanischem Hip Hop. Vor starker Symbolik werde nicht zurückgewichen: In der Comicvorlage erhalte Kamela Khan ihre Kräfte durch einen mysteriösen Nebel, in der Serie durch einen Armreif, den ihr die Grossmutter aus Pakistan schickte.