Das bayerische Justizministerium hat in mehreren Fällen Akten zu den NSU-Morden gelöscht. Eigentlich mussten diese Akten archiviert werden. Der Untersuchungsausschuss fordert Aufklärung.
In Bayern beschäftigt sich ein zweiter Untersuchungsausschuss mit der rassistischen NSU-Mordserie und deren Hintergründen. In der Sitzung am Donnerstag ist nun herausgekommen, dass das bayerische Justizministerium 20 Akten zu den NSU-Morden gelöscht hat, die womöglich nicht hätten gelöscht werden dürfen. Die Akten hätten archiviert werden müssen, sagt der Ausschussvorsitzende Toni Schuberl von den Grünen. In Bayern gibt es ein Löschmoratorium für Akten mit Bezug zum NSU-Komplex.
Unter den Akten seien auch welche gewesen, die prominente Personen der rechten Szene beträfen, etwa einen Blood-and-Honour-Funktionär. Man vermute einen weiteren Verstoß gegen das Löschmoratorium. Deshalb habe der Ausschuss beschlossen, weitere Auskünfte einzuholen. „Wir bohren hier tiefer nach, um aufzuklären, wie es dazu kommen konnte“, so Schuberl.
Schuberl erläuterte weiter, dass trotz des Löschmoratoriums bei verschiedenen Staatsanwaltschaften in ganz Bayern Akten zu Strafverfahren gegen führende Aktivisten aus der rechtsextremen Szene gelöscht worden seien. Durch die Vernichtung wichtiger Akten und Unterlagen zu potenziellen Unterstützern des NSU-Terrortrios werde die Arbeit des Untersuchungsausschusses erheblich beeinträchtigt, klagte er.
Der ehemalige bayerische Innenminister und Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) muss nun auch im neuen NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags als Zeuge aussagen. Er soll erläutern, wie die Polizei damals vorgegangen sei und ob man damals erkannt habe, dass es sich bei den Morden um Rechtsextremismus gehandelt habe.
Ziel des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses ist es unter anderem, mögliche Verbindungen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ in die bayerische Neonazi-Szene aufzuklären. Die Neonazi-Terrorzelle – Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt – war über Jahre mordend durch Deutschland gezogen. Ihre Opfer waren neun Gewerbetreibende türkischer und griechischer Herkunft sowie eine deutsche Polizistin. Mundlos und Böhnhardt verübten zudem zwei Bombenanschläge mit Dutzenden Verletzten. Die beiden töteten sich 2011, um ihrer drohenden Festnahme zu entgehen – erst damit flog der NSU auf. Zschäpe, die einzige Überlebende des Trios, wurde nach mehr als fünf Jahren Prozessdauer im Juli 2018 zu lebenslanger Haft verurteilt. (dpa, iQ)