Erschütterung nach dem Brand einer Unterkunft für Flüchtlinge in Mecklenburg-Vorpommern: Die Ermittler gehen von Brandstiftung aus und vermuten einen politischen Hintergrund.
Der Brand einer Flüchtlingsunterkunft in Groß Strömkendorf bei Wismar am Mittwochabend ist laut Polizei wahrscheinlich gelegt worden. Die Ermittler vermuten einen politischen Hintergrund, wie das Polizeipräsidium Rostock am Donnerstag mitteilte. Der Staatsschutz habe die Ermittlungen federführend übernommen. Ein Brandursachenermittler sei vor Ort.
Politiker reagierten mit Entsetzen auf den Vorfall. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte den Brand eine furchtbare Nachricht. „Menschen, die vor Putins Krieg bei uns in Deutschland Schutz gefunden haben, mussten aus den Flammen gerettet werden“, sagte sie in Berlin.
In der Unterkunft befanden sich zum Zeitpunkt des Brandes 14 Geflüchtete aus der Ukraine, darunter vier Kinder und Jugendliche. Auch drei Betreuer waren in dem Haus. Verletzt wurde niemand.
Das Feuer war am späten Mittwochabend an der Außenseite des Hauses entdeckt worden. Heimleiter Andrej Bondartschuk versuchte nach eigenen Worten zunächst selbst, den Brand am unteren Dachansatz des mit Reet gedeckten ehemaligen Hotels zu löschen. „Es waren keine Glutnester mehr zu sehen“, beschrieb er seinen Eindruck vom Brandabend, als die Feuerwehr eingetroffen sei. Drei oder vier Feuerlöscher habe er bis dahin verbraucht, genau wisse er es nicht mehr.
Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Christian Pegel (SPD) wies bei einem Besuch am Brandort am Donnerstagvormittag darauf hin, dass am Montag Hakenkreuz-Schmierereien an dem Gebäude entdeckt worden seien. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) betonte: „Menschen, die vor Krieg flüchten, brauchen unseren Schutz und unsere Unterstützung. Hetze und Gewalt dulden wir nicht!“ Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag, Julian Barlen, sagte, die Hakenkreuz-Funde vor Ort weckten 30 Jahre nach Lichtenhagen und Mölln Erinnerungen „an ganz dunkle Zeiten“. Ob ein Zusammenhang zwischen den Hakenkreuz-Schmierereien und dem Feuer in Groß Strömkendorf besteht, ist aber offen.
Der Bürgermeister der Gemeinde Blowatz, zu der Groß Strömkendorf gehört, Tino Schmidt (SPD), erklärte, bisher habe es in der Region keine Anzeichen für rechtsmotivierte Umtriebe gegeben. Man habe ein sehr gutes Verhältnis zu den Kriegsflüchtlingen. Zeitweise seien in dem ehemaligen Hotel bis zu 170 Menschen aus der Ukraine untergebracht gewesen. Im Sommer habe man zusammen mit den Flüchtlingen und dem DRK, das die Einrichtung betreut, noch ein fröhliches Sommerfest gefeiert.
Auch der Vizepräsident des Polizeipräsidiums Rostock, Michael Peters, zeigte sich bestürzt. „Jeder Angriff auf Flüchtlinge oder deren Unterkünfte ist auch eine Attacke auf unsere Grundwerte. Ein solcher Angriff ist erschütternd und nicht hinnehmbar gleichermaßen“, erklärte er. Die Ermittlungen zu dem Feuer hätten oberste Priorität. (dpa, iQ)