Flüchtlingsfamilien sollen in ein ehemaliges Hotel ziehen. Doch kurz vor ihrem Einzug brennt es im Gebäude. Das Innenministerium spricht von einem Brandanschlag – das weckt Erinnerungen.
Kaputte Fensterscheiben und Brandspuren an der Hauswand zeugen von den Ereignissen in den frühen Morgenstunden. Wenige Tage bevor erste Flüchtlinge in das ehemalige „Spreehotel“ in Bautzen einziehen sollten, hatten Unbekannte Fensterscheiben eingeworfen, anschließend bricht ein Brand aus. Vier Menschen, die im Haus übernachteten – Mitarbeiter des Hoteleigentümers -, bleiben unverletzt. Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) spricht bereits am Freitagvormittag von einem Brandanschlag. Noch gegen Mittag ist Kriminalpolizei vor Ort. Die Gegend rund um das Hotel, das in der Nähe eines Stausees liegt, ist weiträumig abgesperrt.
Die Bilder aus Bautzen rufen Erinnerungen wach an die Ereignisse in Groß Strömkendorf in Mecklenburg-Vorpommern vor wenigen Tagen. Dort war eine Flüchtlingsunterkunft, die sich ebenfalls in einem ehemaligen Hotel befand, niedergebrannt. Die 14 Bewohner und drei Betreuer blieben unverletzt, das Gebäude jedoch wurde weitgehend zerstört. Die Polizei geht von Brandstiftung aus und vermutet einen politischen Hintergrund.
Auch auf das „Spreehotel“ gab es in Vergangenheit bereits einen versuchen Brandanschlag. 2016 hatten drei junge Männer Molotow-Cocktails über einen Zaun auf das Gebäude geworfen. Schon damals waren in dem Haus zeitweise Flüchtlinge untergebracht.
Erst am vergangenen Dienstag hatten Menschen in Bautzen ihrem Unmut über die Unterbringung von Geflüchteten Luft gemacht. So waren nach Angaben der Polizei etwa 70 Anhängerinnen und Anhänger der AfD gekommen, um gegen die Nutzung des Hotels als Flüchtlingsunterkunft zu demonstrieren. Der Kreisverband der Partei erklärte dazu am Freitag: „Wir haben unser demokratisches Recht zur freien Meinungsäußerung und der Kritik an der bisherigen Asylpolitik wahrgenommen und lehnen jede Form von Gewalt ab.“
Doch die Frage bleibt: Kippt da gerade etwas – vor allem in Ostdeutschland? Auch in Thüringen gibt es Widerstand gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Um 150 Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen zu können, war in Leinefelde-Worbis im Eichsfeldkreis die Anmietung einer Halle im Stadtzentrum geplant. Wegen Anfeindungen sah der Landrat die Sicherheit der Unterkunft jedoch in Gefahr, stoppte den Mietvertrag.
Nach dem Brandanschlag von Bautzen spricht Ministerpräsident Michael Kretschmer jetzt von einer „widerwärtigen Tat“. Der CDU-Politiker kündigt an, deren Aufklärung habe „höchste Priorität“. Innenminister Armin Schuster (CDU) erklärt: „Aus Hass Häuser anzuzünden, weil man Geflüchtete nicht in seiner Nähe haben möchte, ist zutiefst primitiv und menschenverachtend.“ Am Samstag will er sich selbst vor Ort ein Bild der Lage machen. Ob die Flüchtlingsfamilien in der kommenden Woche wie geplant in das „Spreehotel“ einziehen können, ist derzeit völlig offen. (dpa, iQ)