Solingen

Totengebet für Mevlüde Genç am Tatort des Solinger Anschlags

Der Sarg von Mevlüde Genç wird an diesem Dienstag in Solingen am Tatort des rechtsextremen Brandanschlags von 1993 aufgebahrt, bevor er in die Türkei überführt wird. Die Menschen können mit einem Totengebet von ihr Abschied nehmen.

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Mevlüde Genç und ihr Ehemann Durmuş Genç aus Solingen
Mevlüde Genç und ihr Ehemann Durmuş Genç © AA / Mesut Zeyrek, bearbeitet by iQ.

Am Tatort des rechtsextremen Brandanschlags von Solingen wird an diesem Dienstag ein Totengebet für Mevlüde Genç stattfinden. Dazu lädt die DITIB-Gemeinde ein, teilte die Stadt am Montag mit. Dafür soll ihr Sarg aufgebahrt werden, bevor er in die Türkei überführt wird.

Genç hatte bei dem verheerenden Brandanschlag in Solingen 1993 fünf Familienangehörige verloren. Trotzdem hatte sie nach der mörderischen Tat zur Versöhnung aufgerufen. Genç war in der Nacht von Samstag auf Sonntag im Alter von 79 Jahren gestorben. Was bleibt ist ihr Kampf für Frieden und Zusammenhalt.

Steinmeier würdigte Mevlüde Genç

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte Genç am Montag. In einem Schreiben an ihren Mann sprach Steinmeier der Familie sein Beileid aus. „Unser Land hat eine große Versöhnerin verloren. Sie hat uns vor Augen geführt, dass Nächstenliebe und Menschlichkeit stärker sind als Hass und Gewalt.“

Mevlüde Genç sei eine „Botschafterin des friedlichen Miteinanders, in ihrer Heimatstadt Solingen und in ganz Deutschland“ gewesen, schrieb der Bundespräsident weiter. „Sie hat uns vor Augen geführt, dass Nächstenliebe und Menschlichkeit stärker sind als Hass und Gewalt.“ Dass sie nach allem, was sie in ihrer deutschen Heimat erleiden musste, die Kraft zu ihrem großartigen, warmherzigen Engagement gefunden habe, „das ist ein Geschenk an uns alle“.

Muslimische Vertreter trauern um Genç

„Wir trauern um Mevlüde Genç, eine große und starke Frau, die generationenübergreifend Vorbild und Inspirationsquelle war“, erklärt Ali Mete, Generalsekretär der Islamischen Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG), in einer Pressemitteilung anlässlich des Todes von Mevlüde Genç. Sie war „eine außerordentliche Persönlichkeit“, die selbst in Stunden des tiefsten Schmerzes für Versöhnung warb. „Ihre Stärke schöpfte die gläubige Muslimin aus ihrem Glauben und war damit auch eine der wichtigsten Botschafterinnen für den Islam in Deutschland – und weit über die nationalen Grenzen hinaus“, so Mete weiter.

Auch die DITIB trauerte um Genç und beschreibt sie mit folgenden Worten: „Kummervolle Mahnung für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Unerschütterliches Symbol der Versöhnung Sinnbild einer deutscher Tragödie. Maßstab unerträglicher politisches Hetze“, so die DITIB.

Schweigeminute im Land

Der Landtag wird Genç am Mittwoch mit einer Schweigeminute gedenken. Für ihren Einsatz um Versöhnung hatte Mevlüde Genç das Bundesverdienstkreuz erhalten. Die NRW-Landesregierung stiftete 2018 ihr zu Ehren eine Mevlüde-Genç-Medaille. Sie wird jährlich rund um den Jahrestag des Brandanschlags von Solingen am 29. Mai verliehen an Menschen, die sich um Versöhnung, Toleranz und Zusammenhalt verdient gemacht haben.

Am 29. Mai 1993 hatten Rechtsextreme das Haus der Familie in Solingen in Brand gesetzt. Das Ehepaar Genç verlor zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte. 17 Familienmitglieder waren dabei schwer verletzt worden. Schon kurz nach dem Attentat hatte Mevlüde Genç zur Versöhnung aufgerufen und immer wieder gemahnt, dass dem Hass Einhalt geboten werden müsse. (dpa/iQ)