Der innerparteiliche Widerstand gegen extremistische Strömungen in der AfD sei 2022 weitgehend zusammengebrochen, konstatiert Verfassungsschutz-Chef Haldenwang. Die „Reichsbürger“ findet er auch wegen ihrer „Irrationalität“ gefährlich.
Die AfD steuert aus Sicht des Verfassungsschutzes inzwischen nahezu ungebremst in Richtung rechtsaußen. „Kräfte, die versuchen, die extremistischen Tendenzen aus der Partei zu verdrängen, nehmen wir kaum noch wahr“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Gleichzeitig sei zu beobachten, „dass Rechtsextremisten wie Björn Höcke einen starken Einfluss auf die Partei bekommen haben“.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft – eine Einschätzung, die in erster Instanz durch das Verwaltungsgericht Köln bestätigt wurde. Die Partei setzt sich gegen die Einschätzung weiterhin juristisch zur Wehr. Das Verfahren beim Oberverwaltungsgericht in Münster läuft noch. „Ohne eine Prognose hinsichtlich unserer nächsten Prüfung abzugeben, bleibt gegenwärtig ein gewisser Trend erkennbar: Es geht weiter nach rechtsaußen“, sagte der Verfassungsschutz-Präsident.
Mit Blick auf die jüngsten Festnahmen in der „Reichsbürger“-Szene erklärte der Chef des Inlandsgeheimdienstes, es sei besorgniserregend, wie schnell es diesem Zusammenschluss gelungen sei, sich bundesweit zu vernetzen. Zu der «heterogenen Mischszene“, die hier zu beobachten sei, zählten sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter, teilweise auch Rechtsextremisten, aktive oder ehemalige AfD-Mitglieder, Anhänger verschiedener Verschwörungserzählungen sowie Menschen, die dem vom Verfassungsschutz im April 2021 eingerichteten neuen Phänomenbereich „Verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates“ zuzurechnen seien. „Die einigende Klammer der Akteure ist die Ablehnung und Überwindung des Systems der Bundesrepublik Deutschland“, stellte Haldenwang fest.
Die Bundesanwaltschaft hatte am 7. Dezember bei einer Großrazzia 25 Menschen festnehmen lassen. 22 von ihnen wirft sie vor, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System stürzen wollte. Bei den drei anderen geht es um Unterstützung. In dem Verfahren gibt es laut Bundesinnenministerium bislang 54 Beschuldigte. Unter den Festgenommenen ist die Richterin und frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann. Gegen sie läuft inzwischen ein Disziplinarverfahren, das vom Landgericht Berlin eingeleitet wurde. „Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht an. (dpa, iQ)