In Deutschland leben mehr als fünf Millionen Muslime. Wie viele kennen Sie? Wir stellen querbeet Menschen vor, die eine Gemeinsamkeit teilen: Sie sind Teil der Umma. Heute Dilara Faslak
Dilara Faslak ist islamische Theologin und Expertin für islamrechtliche Themen in Bezug auf Halal-Lebensmittel. Außerdem ist sie Autorin des Halal Lexikons – das Nachschlagewerk rund um Halal-Ernährung. Aktuell führt sie mit viel Leidenschaft und Ehrenamt einen Halal-Blog.
IslamiQ: Seit mehreren Jahren beschäftigst du dich mit Halal Lebensmitteln. Du bist auch Autorin des Halal Lexikons. Wie kam es dazu, dich mit diesem Thema zu beschäftigen?
Dilara Faslak: Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist ziemlich spontan und unerwartet entstanden. Ich bin mit 13 Jahren in den Supermarkt gegangen, um mir Toast-Käse zu kaufen. In den Zutaten habe ich dann gelesen, dass es mit tierischem Lab hergestellt wurde. Das hat mich dann stutzig gemacht. Die Mitarbeiter wussten nicht, was „Lab“ ist, aber sie erklärten mir, dass viele muslimische Frauen dieses Produkt kaufen würden. Die Antwort hatte mich natürlich nicht überzeugt. Und so fing ich an, zu recherchieren. Daraufhin begann ich dann auch, meine Ergebnisse auf den sozialen Netzwerken zu veröffentlichen, um meine Informationen mit der muslimischen Community zu teilen. Parallel zu meinem Theologiestudium bemühte ich mich außerdem mein erlangtes Wissen niederzuschreiben, um auch anderen muslimischen Verbrauchern und Verbraucherinnen mit ähnlichen Fragen behilflich sein zu können.
IslamiQ: Wie ist die Resonanz auf deine Arbeit?
Faslak: Die Resonanz ist eigentlich immer ziemlich positiv. Ich bemerke immer wieder, wie sehr meine Community mir vertrauen. Und das stärkt mich einfach immer wieder in meiner Aufklärungsarbeit. Auch der Halal-Markt befindet sich im Wandel. Immer mehr Unternehmen setzen vermehrt auf Halal-Ernährung. Sie werben z.B. mit einer Halal-Zertifizierung oder publizieren Informationen zu der Halal-Konformität ihrer Produkte auf ihrer Webseite. Und da sehe ich, dass die Bedürfnisse und Interessen der muslimischen Konsumenten und Konsumentinnen wahrgenommen werden.
IslamiQ: Viele Produkte in der Lebensmittelproduktion werden als „halal“ abgestempelt. Entspricht das auch der Wahrheit? Worauf sollten Verbraucher aber achten?
Faslak: Das Problem mit den Halal-Gütesiegeln ist, dass sie nicht geschützt sind. So kann jedes Unternehmen auf seinen Produkten ein Halal-Logo aufbringen. Das bezieht sich zum Beispiel auch auf die veganen oder vegetarischen Labels, die nicht durch eine Zertifizierungsstelle vergeben werden. Deshalb achte ich beim Kauf von Halal-Produkten stets darauf, dass das Halal-Logo zu einem vertrauenswürdigen Zertifizierer gehört, der nach bestimmten Standards zertifiziert oder auch akkreditiert ist. Zudem würde ich den Verbrauchern raten, bei einem vorliegenden Halal-Zertifikat auf die Gültigkeit und auf die genannten Produkte oder Sorten zu achten. Beides muss bei einem seriösen Zertifikat nämlich ausgeschildert werden.
IslamiQ: Welche Hobbys haben Sie, wie gestalten Sie ihre Freizeit am liebsten?
Faslak: In meiner Freizeit versuche ich viel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Ich bin ein Familienmensch. Ansonsten probiere ich gerne neue Lebensmittelprodukte und Gerichte aus. Aber mein größtes Hobby ist gerade meine Masterarbeit, mit der ich aktuell beschäftigt bin.
IslamiQ: Lieblingsbuch? Lieblingsfilm?
Faslak: Ja! Mein Lieblingsbuch, welches ich den angehenden Theologen und Theologinnen aus meinem Umfeld weiterempfehle, ist das Werk von Imam Abû Hanîfa, „El-Âlim ve’l-Muteallim“. Es handelt sich dabei um einen Dialog zwischen ihm und seinem Schüler. Die Herangehensweise Âbu Hanîfas bei der Beantwortung der Fragen hatten mich beim ersten Lesen zu einem großen Fan von ihm gemacht.
Ich muss sagen, ich schaue nicht oft Filme, aber einer meiner Lieblingsfilme ist „Parasite“. Das ist ein südkoreanischer Film, der mich mit seiner Geschichte und der symbolischen Umsetzung der Kluft zwischen den Gesellschaftsschichten ziemlich überzeugt hatte. Soweit ich weiß, wurde der Film auch ausgezeichnet.
IslamiQ: Was bedeutet Familie für dich?
Faslak: Heimat! Also da, wo meine Familie ist, ist auch meine Heimat. Es ist meine Komfortzone. Da bin ich so, wie ich bin. Ich bin sehr dankbar, eine Familie zu haben, die immer hinter mir steht und mich jeden Tag aufs Neue motiviert. Immer, wenn ich etwas Neues anfangen möchte, unterstützen sie mich.
IslamiQ: Wie würden dich deine Freunde beschreiben?
Faslak: Meine Freunde behaupten immer, dass ich sehr diszipliniert arbeiten würde. Ich bin auch ein wenig abgebrüht, also ich bin jetzt kein emotionaler Mensch. Und ich glaube, sie würden sagen, dass ich ziemlich oft lächle.
IslamiQ: Dein Lebensmotto?
Faslak: Es gibt da ein türkisches Sprichwort: „Akışına bırak“, und bedeutet sinngemäß: „Lass die Dinge ihren Lauf“. Denn wenn man nichts gegen die Umstände machen kann und anfängt, panisch zu werden, dann sollte man auf Allah vertrauen und lernen loszulassen. Ich habe noch ein weiteres Lebensmotto, und zwar: „dem Mittelweg“ zu folgen. Also weder zu übertreiben, noch zu untertreiben, sondern in allen Lebensbereichen die „goldene Mitte“ zu treffen und ein reines Gewissen haben.
IslamiQ: Was ist Ihr größtes Ziel im Leben und was tun Sie, um dieses Ziel zu erreichen?
Faslak: Es erfüllt mich sehr, wenn ich meinen Mitmenschen helfen und ihnen im Alltag eine Erleichterung bieten kann. Ich denke, das ist auch meine größte Motivation, diese Arbeit auf den sozialen Netzwerken zu machen. Es ist zwar kein konkretes Ziel, aber das ist auf jeden Fall ein Leitfaden in meinem Leben.
IslamiQ: Was wünschst du dir für die Zukunft? Für dich selbst, für deine Familie, für alle Muslime in Deutschland.
Faslak: Gesundheit und Seelenfrieden – für alle Menschen, nicht nur für die Muslime, sondern für alle Menschen auf der Welt. Und auch einfach immer mit den Liebsten beisammen sein zu können.