Der Fall Oury Jalloh sorgte für Schlagzeilen: Er verbrannte in einer Polizeizelle. Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: Es müssen keine neuen Ermittlungen zum Tod von Oury Jalloh aufgenommen werden.
Dass die Ermittler den Fall des 2005 in einer Polizeizelle verbrannten Asylbewerbers Oury Jalloh zu den Akten gelegt haben, verstößt laut Bundesverfassungsgericht nicht gegen das Grundgesetz. Das höchste deutsche Gericht nahm nach Angaben vom Donnerstag eine Verfassungsbeschwerde von Jallohs Bruders nicht zur Entscheidung an. Zwar stehe diesem von Verfassungswegen ein Anspruch auf effektive Strafverfolgung zu. „Die diesbezügliche Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg trägt diesem jedoch hinreichend Rechnung“, teilte das Gericht in Karlsruhe mit.
Vor mehr als 18 Jahren war der aus Westafrika stammende Mann gefesselt auf einer Matratze liegend in der Zelle in Dessau in Sachsen-Anhalt gestorben. Jalloh war betrunken und stand unter Drogen. Ob er selber die Matratze anzündete, ist bis heute unklar.
Die Todesumstände gelten auch nach zwei Landgerichtsprozessen als nicht aufgeklärt. Nach den Ermittlungen der Behörden soll Jalloh den Brand selbst gelegt haben, obwohl er an Händen und Füßen gefesselt war. Ein Polizist wurde 2012 verurteilt, weil er nicht dafür gesorgt hatte, dass der Mann aus Sierra Leone korrekt beaufsichtigt wurde. In einem 300-seitigen Untersuchungsbericht stellten zwei Sonderermittler zahlreiche Fehler der Polizei und anderer Behörden fest.
Mehrere Initiativen, Freunde und Familie des Gestorbenen sprechen von „Mord“ und von „offensichtlichen Missständen und Widersprüchen im Bereich der Polizeiarbeit“. Sie fordern Ermittlungen gegen verdächtige Polizisten und hatten unter anderem eigene Brandgutachten in Auftrag gegeben. Am 7. Januar, dem Jahrestag seines Todes, demonstrierten Hunderte Menschen unter dem Motto „Oury Jalloh – Das war Mord!“ in Gedenken an den Mann.
Die Staatsanwaltschaft Halle hatte die Ermittlungen zu dem Fall im Oktober 2018 beendet, weil sie keine Aufklärung erwartete. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte später, dass Ermittlungen nicht wieder aufgenommen werden müssten. Es lasse sich nicht belegen, dass Polizeibeamte oder andere Personen Jalloh angezündet hätten, hieß es.
Einen dagegen gestellten Antrag auf gerichtliche Entscheidung verwarf das Oberlandesgericht Naumburg am 22. Oktober 2019 als unzulässig und führte unter anderem aus, dass die Generalstaatsanwaltschaft einen hinreichenden Tatverdacht zutreffend verneint habe. Hiergegen legte Jallohs Bruder Verfassungsbeschwerde ein und machte geltend, in seinem Recht auf effektive Strafverfolgung, effektiven Rechtsschutz, willkürfreie Entscheidung und rechtliches Gehör verletzt zu sein.
Das Bundesverfassungsgericht folgte dem jedoch nicht. Die Richter in Naumburg hätten beispielsweise die Bedeutung des Grundrechts auf Leben und die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die effektive Untersuchung von Todesfällen nicht verkannt, hieß es. Zudem habe das Gericht in seiner Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass in den Ausführungen des Klägers eine Darstellung fehle, „welche Polizeibeamten den Brand gelegt haben sollen und aufgrund welcher Beweismittel ein diesbezüglicher Nachweis möglich sein soll“. (dpa, iQ)