Am 14. Mai wählt Bremen eine neue Bürgerschaft. Das planen die SPD, CDU, Grüne, FDP und die Linke im Hinblick auf Islam und Muslime. Ein Überblick.
Am 14. Mai finden in der Freien Hansestadt Bremen die Landtagswahlen statt. Knapp 500.000 Menschen sind wahlberechtigt. Bislang sind sieben Parteien in der Bürgerschaft vertreten. Auf die drei Regierungsfraktionen entfallen 49 Mandate (SPD 23, Grüne 16 und die Linke 10). Die CDU haben 24 Sitze, die FDP und die AfD 5, und die Partei Bürger in Wut einen Sitz. Knapp eine Woche vor den Bürgerschaftswahlen liegt die SPD (31 Prozent) in mehreren Umfragen vor der CDU (28 Prozent) und den Grünen (17 Prozen).
Themen wie die steigende Inflation, die Energie- und Coronakrise dominieren den Wahlkampf und die Programme, doch was steht in den Wahlprogrammen zu den Themen Islam und Muslime und was stellen die Parteien in Aussicht?
Unter dem Titel „Stark für dich“ hat die SPD ein 188-seitiges Zukunftsprogramm veröffentlicht. Der Schwerpunkt des SPD-Wahlprogramms liegt bei innovativer Forschung, klimafreundlicher und barrierefreier Mobilität und auf lebenswertes Wohnen. Für die SPD ist Bremen von Zuwanderung und gesellschaftlicher Vielfalt geprägt. Aus dieser Erfahrung wissen man, dass „friedliches Zusammenleben kein Automatismus ist, sondern dass sozialer Zusammenhalt immer wieder herausgefordert wird, erarbeitet und gestaltet werden muss“, so die SPD. Dazu brauche es die Bereitschaft aller und selbstverständlich auch das der Mehrheitsbevölkerung.
Auch für die SPD sind islamische Religionsgemeinschaften „starke Partner, oftmals Sprachrohr und Mittler aus und für Communitys“. Aus diesem Grund sollen sie beim Wunsch, als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannt zu werden, unterstützt werden.
Die SPD möchte mit einer „bewussten Antidiskriminierungspolitik“ und der Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften den Schutz vor Diskriminierung erhöhen. „Rassismus, Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit treten wir entschieden entgegen und bekämpfen sie auf struktureller und individueller Ebene“, heißt es im Wahlprogramm. Der drohende Lehrermangel ist auch für die SPD ein großes Problem. Der Mangel an Lehrkräften lasse sich nur beheben, wenn die Arbeitsbedingungen in den Schulen attraktiver gestaltet werden. Auch möchte die SPD den Lehrerberuf für Männer, insbesondere Männer mit einem Migrationshintergrund, attraktiver gestalten, damit diese in den Schulen ein vielfältiges und modernes Bild von Männlichkeit vermitteln. Hierzu will die SPD in Moscheen eine Imagekampagne starten.
Für die CDU nehmen Muslime gemeinsam mit den anderen Religionsgemeinschaften „herausragende gesellschaftliche Verantwortung“. Gerade in den Krisenzeiten spenden sie vielen Menschen religiösen, spirituellen und emotionalen Halt. Außerdem seien sie eine wichtige Stütze für den Staat, speziell in den Bereichen der Kinderbetreuung, Bildung, Kranken- und Altenpflege, Musik-, Jugend- und Seniorenarbeit. Die CDU möchte den Dialog und die Zusammenarbeit mit allen Religionsgemeinschaften pflegen und ausbauen, da sie auf starke Partner angewiesen sei.
In ihrem Wahlprogramm bezeichnet die CDU jegliche Form des Vandalismus gegenüber Glaubenshäusern oder Friedhöfe und alle rassistischen Angriffe aufgrund des Glaubens als „unerträglich“. Doch eine direkte Verurteilung der steigenden Islamfeindlichkeit bleibt aus. Dennoch erklärt die CDU, dass sie mit allen Rechtsmitteln verhindern wollen, „dass Religion und Glaube Gegenstand oder Ausgangspunkt von Hass oder Gewalt wird“. Der Staat und die Gesellschaft müsse sicherstellen, dass niemand, gleich welcher Glaubensrichtung, durch Hass und Intoleranz angefeindet oder bedroht wird.
Zudem strebe die CDU die Schaffung eines konfessionell gebundenen Religionsunterrichts an. „Die Vermittlung von Wissen um die eigene Religion und um die Religion der anderen ist für uns eine fundamentale Grundlage für Toleranz und Miteinander in einer lebendigen und bunten Stadtgesellschaft“, heißt es im Wahlprogramm. Dabei wolle man die verbindenden Ziele und Elemente der Religionen hervorheben.
Damit Bremen ein „rassismus- und diskriminierungsfreies“ Land bleibe, möchte die CDU u. a. den beschlossenen Landesaktionsplan gegen Rassismus erarbeiten, diskriminierende Strukturen abbauen und Beratungsstellen ausbauen. Dies sei jedoch auch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Die Grünen wollen die Gesellschaft durch interreligiösen Dialog stärken. Das Land Bremen habe mit Staatsverträgen schon früh für gleiche Bedingungen für unterschiedliche Religionsgemeinschaften gesorgt. Aus grüner Sicht sei es an der Zeit, die bestehenden Regelungen und ihre Wirkungen zu evaluieren und, „wenn notwendig, zu überarbeiten und auszuweiten“, heißt es im Wahlprogramm.
Als weiteren Punkt zu Islam und Muslime möchten die Grünen die Sicherheit von Gotteshäusern und Gemeindemitgliedern konsequent gewährleisten. Da unterschiedliche Gemeinden, vor allem Moscheen, in Bremen und Bremerhaven in den vergangenen Jahren immer wieder Opfer von Gewalt wurden. Daher bedarf es eines Konzepts, wie Gotteshäuser in Bremen und Bremerhaven wirksamer geschützt werden können. Für die Grünen seien Religionsgemeinschaften Orte der Gemeinschaft. „Religionsgemeinschaften und Kulturvereine organisieren gelebte Solidarität und Gemeinschaft in großem Umfang. Sie bieten ihren Mitgliedern Halt und Hoffnung in Zeiten von Trauer, Schmerz und Wandel. Wir wollen fördern, dass Religionsbegegnungen zur Brücke werden und nicht spalten“, erklären die Grünen weiter. Auch möchten die religiös und weltanschaulich motivierte Kleidung (auch zur Uniform) erlauben, wichtig sei die Qualität der Arbeit.
Zum Schluss fordern die Grünen eine Studie zu strukturellem Rassismus und anderen diskriminierenden Strukturen bei der Polizei, um daraus wichtige Schlüsse für die alltägliche Arbeit zu ziehen.
Die FDP stehe für ein selbstbestimmtes Leben ohne Verbote. Jeder Mensch soll unabhängig von Alter, Herkunft, körperlicher oder psychischer Einschränkungen, Aussehen, Religion, geschlechtlicher und sexueller Identität oder politischen Ansichten frei leben.
Langfristig beabsichtigt die FDP, das Staatskirchenrecht zu einem Religionsverfassungsrecht weiterzuentwickeln. Es soll einen passenden rechtlichen Status bieten für alle Religionsgemeinschaften, die das Gleichheitsgebot und die Glaubensvielfalt, die Grundrechte sowie die Selbstbestimmung ihrer Mitglieder anerkennen.
Die FDP fordert, die Förderung von Moscheen, die den Terrorismus unterstützen, zu beenden oder gar Vereinsverbote zu überprüfen. Ein besonderes Augenmerk möchte die FDP auf die Ausbildung von Imamen zu legen. An staatlichen Universitäten sollte es vermehrt die Möglichkeit geben, eine Imamausbildung auf dem Boden des Grundgesetzes abzulegen. Hiermit wolle die FDP eine Alternative dazu schaffen, dass die Imamausbildung in einigen Fällen durch ausländische Staaten beeinflusst werden kann.
Die LINKE fordert in ihrem Wahlprogramm die Auflösung des Verfassungsschutzes, „weil Gefahrenabwehr, Strafverfolgung und Bekämpfung von Terrorismus klar definierte Aufgaben der Polizei sind und der Inlandsgeheimdienst immer wieder – insbesondere beim NSU – den eigenen Quellenschutz vor die Sicherheit der Menschen stellt“, heißt es als Erklärung. Ferner stehe die Partei deutlich und unteilbar Seite an Seite mit Muslimen, die Ziel rassistischer und anderweitig menschenfeindlicher Übergriffe sind. „Die rechten und rassistischen Terroranschläge seit der Selbstenttarnung des NSU, von München 2016 über Halle 2019 und Hanau 2020 bis hin zu den Brandanschlägen in Bremen und im Bremer Umland in jüngster Zeit zeigen auf schreckliche Art und Weise, wie tödlich Rassismus ist. Gleichzeitig wird deutlich, wie blind viele Behörden für rechte Strukturen sind“, erklären die LINKE im Wahlprogramm.