Rechtsextremistische Bestrebungen bleiben im Fokus des Verfassungsschutzes. Im Norden beobachten die Behörden eine Zunahme politisch motivierter Kriminalität von rechts. Eine Szene hat gleich aus mehreren Gründen Zulauf.
Bei rechten politisch motivierten Straftaten haben Verfassungsschützer in Schleswig-Holstein 2022 einen weiteren Anstieg registriert. Deren Zahl stieg im Vorjahresvergleich um 32 Fälle oder 4,8 Prozent auf 699 Taten, wie Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) am Mittwoch bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts sagte. „Dieser erneute Anstieg ist nicht gut.“ Es sei jedoch mehr als jedes zweite Delikt aufgeklärt worden. Bei den Gewaltdelikten in dem Bereich waren es den Angaben zufolge sogar mehr als neun von zehn.
Einen Zulauf beobachtete der Verfassungsschutz bei «Reichsbürgern» und sogenannten Selbstverwaltern im Norden um rund ein Drittel auf 640 Personen. „Der massive Zulauf in dieser Szene hing teilweise mit diffusen Zukunftsängsten zusammen“, sagte die Ministerin. Auslöser seien als existenziell wahrgenommene Krisen wie die Corona-Pandemie, der Krieg in der Ukraine oder der Klimawandel. „Personen mit einer Affinität zu Verschwörungstheorien haben Anschluss an die Szene bekommen, die genau diese Themen aufgegriffen hat.“
Die Behörden registrieren Siedlungsbestrebungen. Ende Oktober war ein von mutmaßlichen „Reichsbürgern“ errichtetes Camp in Owschlag (Kreis Rendsburg-Eckernförde) geräumt worden. Für die Siedlung gab es keine Baugenehmigung. Sogenannte Selbstverwalter nutzten oftmals eigene Immobilien, luden Gleichgesinnte ein, wie der stellvertretende Leiter des Verfassungsschutzes Wolfgang Klonz sagte. „Dann kann es in Einzelfällen anwachsen.“
Laut Verfassungsschutz ist ein Teil der Szene bereit, Gewalt anzuwenden. Die Verfassungsschützer gehen davon aus, dass die erkennbare Radikalisierung der Szene sich fortsetzen werde. Sie vernetze sich vor allem über Telegramkanäle.
Rechtsextremistische Bestrebungen und Netzwerke stehen weiter im Fokus des Verfassungsschutzes. Dazu zählen im Norden aktuell 1220 Personen (plus 1,7 Prozent). Konstant 350 gelten als gewaltorientiert. (dpa, iQ)