Religionsmonitor 2023

Studie: Ein Drittel hält religiöse Vielfalt für „Bedrohung“

Einer aktuellen Studie zufolge nehmen 29 Prozent der Menschen die religiöse Vielfalt in Deutschland als Bedrohung wahr. Auch ist die Offenheit gegenüber Andersgläubigen zurückgegangen.

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2023
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Menschen Vielfalt Studie, Islam
Symbolbild: Islam, Bevölkerung © shutterstock, bearbeitet by islamiQ

Die zunehmende religiöse Vielfalt in Deutschland macht gut einem Drittel der Bürger Angst. Laut dem „Religionsmonitor 2023“ der Bertelsmann-Stiftung, dessen Erhebung der „Welt“ (Mittwoch) vorliegt, halten 34 Prozent der Befragten die Pluralität der Bekenntnisse für eine „Bedrohung“. 29 Prozent bezeichneten in der Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Infas die Pluralisierung als „Bereicherung“. Die anderen legten sich auf keine der beiden Wertungen fest.

Das Gefühl der Bedrohung bekundeten 38 Prozent der Menschen ohne Religionszugehörigkeit und 34 Prozent der Mitglieder christlicher Konfessionen. Am wenigsten verbreitet ist die Angst vor der religiösen Pluralisierung unter hier lebenden Muslimen (20 Prozent), am stärksten bei Hindus (61).

Gegenüber dem Religionsmonitor 2013 ist die Offenheit der Menschen für Anhänger anderer Religionen zurückgegangen. Damals hatten 89 Prozent aller Befragten gesagt, man solle „gegenüber allen Religionen offen sein“. Im neuen Religionsmonitor ist dieser Wert auf 80 Prozent gesunken. Um 13 Punkte auf 59 Prozent ging die Zustimmung zu der Aussage zurück, dass „jede Religion einen wahren Kern“ habe.

Wertschätzung der Religionsfreiheit

Zugleich ist die Wertschätzung der Religionsfreiheit sowie des Rechts auf den Wechsel oder das Ablegen des Bekenntnisses mit 93 Prozent sehr hoch. „Die hohe Zustimmung zu abstrakten Prinzipien der Glaubens-, Bekenntnis- und Religionsausübungsfreiheit ist daher die eine Seite“, resümieren die Autoren des aktuellen Religionsmonitors um die Religionssoziologin Yasemin El-Menouar. „Der gesellschaftliche Konsens löst sich auf, wenn es um die Haltung gegenüber unterschiedlichen religiösen Wahrheiten als auch um die Einschätzung der Relevanz von Religion für die Moderne geht.“

Laut der aktuellen Studie meinen 59 Prozent aller Befragten, Religion passe „nicht mehr in unsere Zeit“. Hieran zeigt sich nach Meinung der Autoren „eine zunehmende Kluft zwischen dem Drittel der Bevölkerung, das keinen Bezug zur Religion hat, und einem kleineren Kreis von Menschen, deren Leben stark religiös geprägt ist“.

Anteile der Religionsgemeinschaften:

Zu den Anteilen der Religionsgemeinschaften und zur Größe der Gruppe ohne Religionszugehörigkeit ergab die Studie, dass 50 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen Christen sind und fast 35,9 Prozent keiner Religionsgemeinschaft angehören. Es folgen Muslime mit 8,5 Prozent sowie kleinere Gruppen wie Buddhisten, Hindus und Juden (0,3 Prozent).

Unter den Christen sind demnach 44,6 Prozent katholisch, 34,7 Prozent evangelisch und 3,7 Prozent orthodox in verschiedenen Gruppierungen. Der Anteil von Pfingstlern und Freikirchlern an allen Christen beträgt 2,3 Prozent.

IGMG fordert gegenwartstaugliche Religionspolitik

Für die Islamische Gemeinschaft Millî Görüş (IGMG) mache der Religionsmonitor insgesamt Hoffnung, zeige aber auch einige besorgniserregende Trends auf und fordert die Politik zur . Gestaltung einer modernen, gegenwartstauglichen Religionspolitik, erklärt IGMG-Generalsekretär Ali Mete. Außerdem müsse sie der religiös-weltanschaulichen Vielfalt im Land verpflichtet sein.

Positiv sei aus der Studie hervorzuheben, dass die grundgesetzlich verankerte Religionsfreiheit weiter auf breite Zustimmung stoße. „Im Zehnjahresvergleich hat sie jedoch abgenommen“, . Dass unter Musliminnen und Muslimen die Angst vor religiöser Pluralität mit 20 Prozent am wenigsten verbreitet sei, sei erfreulich, aber nur ein schwacher Trost. Bedenklich ist für Mete auch, dass das Wissen über religiöses Leben in Deutschland relativ gering ausfällt. „Nur gut jeder vierte in Deutschland gibt an, viel über muslimisches Leben zu wissen. Dieser Befund beinhaltet auch einen Auftrag an uns als islamische Gemeinschaft.“, so Mete weiter. (KNA/iQ)